Karotte statt Knacker

Schluss mit Würstel für Bello: Ist es vernünftig, seinen Hund vegan zu ernähren?

Andrea Munkert

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19.4.2024, 10:13 Uhr
Karotte statt Knacker: Auch immer mehr Hundehalter entscheiden sich, ihren geliebten Vierbeiner tierleidfrei zu ernähren. Doch: Ist das artgerecht oder daneben?

© Frank Rumpenhorst/dpa Karotte statt Knacker: Auch immer mehr Hundehalter entscheiden sich, ihren geliebten Vierbeiner tierleidfrei zu ernähren. Doch: Ist das artgerecht oder daneben?

In der Regel essen Hunde Fleisch, sie gelten als Karnivoren, sind aber eigentlich Omnivoren. Doch klar ist auch, der Fleischkonsum beziehungsweise die Fleischproduktion schadet dem Planeten und seinem Klima. Immer mehr Menschen ernähren sich aus diesem und aus gesundheitlichen sowie ethischen Gründen pflanzlich. Inzwischen dehnen sich diese Überlegungen und Überzeugungen auch immer mehr auf die Ernährung des Vierbeiners zu Hause aus.

Denn wer einen Hund besitzt, steht vor einer Zwickmühle: Kann ich es vertreten, meinen felligen Kumpel fleischlich zu ernähren, wenn ich selbst wegen der Massentierhaltung, des Klimas oder aus ethischen Gründen auf Fleisch verzichte? Kann ich meinen Hund vegetarisch oder gar vegan ernähren? Die schnelle Antwort lautet: Ja, aber mit Vorbereitung.

Schaut man sich auf Social Media um, wird deutlich: Die Community der Hundefans teilt sich in zwei Lager - in diejenigen, die es befürworten und Vorteile sehen und jene, die das als Schwachsinn einstufen und eine rein pflanzliche Ernährung für den Hund als nicht artgerecht ansehen (#veganehundeernährung). Doch was sagen der Tierschutzverein Peta e.V. und Tiermediziner und Studien zu dem Ernährungsswitch für den Vierbeiner?

Studien gibt es bislang nur wenige, eine systematische Erhebung aus dem Jahr 2022 gilt bislang in einer Form als wegweisend. Sie stammt von einem Team der University of Lincoln, United Kingdom. Und zeigt: Hunde, die ausgewogen vegan ernährt werden, müssen seltener zum Tierarzt als Artgenossen, die Fleisch fressen. Doch die Studie gibt in vielen Punkten Anlass für Kritik: So wurde sie nicht unter Laborbedingungen durchgeführt, sondern die Besitzer dokumentierten die Fütterung. Auch war der Erhebungszeitraum mit der Länge von einem Jahr sehr kurz. Und: Die Studie wurde von einer Organisation mitfinanziert, die sich für tierfreie Ernährung einsetzt.

Das sagt Hundeprofi Martin Rütter

Auch Deutschlands Hundepapst Martin Rütter stand der veganen Ernährung für den Hund lange Zeit ablehnend entgegen, inzwischen hat er seine Meinung geändert. In seinem Podcast "Tierisch menschlich", den er mit der Wissenschaftsreporterin Katharina Adick macht, widmet er 2022 eine Folge der veganen Ernährung für Hunde. Darin zitieren die Beiden eine weitere Studie zu diesem Thema. Für die Studienanlage untersuchte man über 2.500 Hunde in den USA und Australien, die entweder konventionell, vegan oder ausschließlich mit rohem Fleisch gefüttert wurden. Auch Angaben über den Gesundheitszustand ihrer Tiere haben Halter gemacht – beispielsweise, wie oft die Hunde zum Tierarzt mussten. Die Quintessenz der Studie: Konventionell gefütterte Hunde waren tendenziell am ungesündesten. Hunde mit einer ausgewogenen veganen Ernährung schnitten – unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren – am besten ab.

Die Studie selbst sieht Hundeprofi Martin Rütter kritisch, so äußert er es in der Folge. Ob ein vegan ernährter Hund gesünder ist, könne er nicht beurteilen. Der Experte weist darauf hin, dass Inhaltsstoffe in veganem Hundefutter idealerweise "wissenschaftlich ausgetüftelt" sein sollten. Wichtige Inhaltsstoffe aus Fleisch müssen also ersetzt werden - durch Nahrungsergänzungsmittel.

Dass der konventionell ernährte Hund in der Studie am schlechtesten abschnitt, liegt laut Rütter nicht unbedingt daran, dass das Futter aus einem Gemisch aus "Fleisch und Nicht-Fleisch" besteht, sondern daran, dass konventionelles Futter "sau schlechtes Futter" sei. Und Rütter stellt die These auf, das Ergebnis wäre anders, wenn für die Studie nur hochwertige Futterprodukte verwendet worden wären.

Er argumentiert vor allem mit Moral: "Indem ich selbst einen Hund halte, fördere ich auch gleichzeitig die Produktion von Massentierhaltung. Denn in der Regel stammt dieses konventionelle Futter aus einer Massentierhaltung und dadurch wird Leid gefördert."

Das Argument, Hunde bräuchten Fleisch für eine artgerechte Haltung, entkräftet Rütter: Um einen Hund artgerecht zu halten, müsste man ihn "frei rennen lassen, er soll drei Rehe jagen, soll den Nachbarhund angreifen und ein eigenes Rudel haben". Daher: "Wir können einen Hund gar nicht artgerecht halten."

Um es gleich vorwegzunehmen: Rein theoretisch ist eine vegane Ernährung von Hunden möglich. In der Praxis bedeutet das aber eins: viel Arbeit und viel Fachwissen. Tiermedizinerin Lucia Rettenbeck von Interquell Petfood meint in einem Podcast mit dem Magazin "Ein Herz für Tiere": "Während eine vegane Ernährung der Katze keine Option ist, ist eine vegane Ernährung beim ausgewachsenen und gesunden Hund, bei entsprechender Supplementierung, möglich."

Also: Der Hund muss mit allen lebenswichtigen Aminosäuren sowie Mineralstoffen, essenziellen Fettsäuren, usw. versorgt werden. "Die einzig verlässliche Möglichkeit, einem Mangel oder einer Überversorgung vorzubeugen, ist die Rationsberechnung", so Lucia Rettenbeck. Für eine solche Berechnung der notwendigen Zusatzstoffe ist ein Fachtierarzt, der auf Ernährung spezialisiert ist, absolut notwendig.

Der Tierrechtsorganisation Peta e.V. zufolge ist es nicht wichtig, "aus welchen Lebensmitteln die benötigten Nährstoffe stammen, sondern dass sie in ausreichender Menge und Qualität in der Nahrung enthalten sind".

Hundehalter sollten darauf achten, dass ihre Vierbeiner trotz veganer Ernährung sowohl Makronährstoffe (Proteine, Kohlenhydrate und Fette) als auch alle Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente) in ausreichender Menge zu sich nehmen. Laut Peta e.V. seien beispielsweise Proteine, die Hunde benötigen, in Pflanzen enthalten.

Wie beim Menschen kann es auch bei Tieren sinnvoll sein, bestimmte Stoffe zu supplementieren. Dazu gehören laut der Tierrechtsorganisation Taurin, L-Carnithin, Vitamin B12 sowie Vitamin D.

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