Hausschwamm, Pilze, Fäulnis

Sanierungsfall Kolpinghaus: "Es war klar, dass das Haus wertlos ist"

22.6.2020, 18:00 Uhr
Im Jahr 2019 hat die Stadt Forchheim den Erbpachtvertrag mit dem Kolpingverein geschlossen.

© Horst Linke Im Jahr 2019 hat die Stadt Forchheim den Erbpachtvertrag mit dem Kolpingverein geschlossen.

"Die Standsicherheit der tragenden Balken über dem Saal ist gefährdet", bei Foyer und Decke über der Tanzschule ist gar "eine Standsicherheit nicht mehr gewährleistet", im Turm der Villa zeigt sich "massiver Befall von Hausbock und Holzwurm, zahlreiche Hölzer fast vollständig zerstört", heißt es in dem "Desaster"-Bericht, der am Donnerstag, 18. Juni, den Stadträten des Haupt-, Personal-, und Umweltausschusses präsentiert wurde. Am 8. Juni musste das denkmalgeschützte Haus mit sofortiger Wirkung gesperrt werden.

Bauantrag für das Provisorium

Gut einen Monat vorher, am 24. April 2020, wurde der Bauantrag für das Provisorium mit der denkmalrechtlichen Erlaubnis eingereicht und im letzten Bauausschuss, am 18. Mai, behandelt. In diesem Ausschuss wurde unter dem Tagesordnungspunkt "Sanierung Versammlungsstätte und Geschäftshaus" "für Umbaumaßnahmen und für eine sicherheitstechnische Ertüchtigung des Anwesens Kolpingplatz 1, die baurechtliche Genehmigung beantragt". Die Baukosten wurden mit rund 770 000 Euro brutto beziffert.

Rückblick: Am 1. Januar 2019 hatte die Stadt Forchheim das Haus per Erbpachtvertrag für 99 Jahre von der Kolpingfamilie übernommen. "Im Dezember 2018 sind wir mit Vertretern der Stadt durch das Haus gegangen", das bestätigt Herbert Wolfrum, der Vorsitzende des Kolpinghaus Bauvereins auf Nachfrage der Nordbayerischen Nachrichten. Auch hatte die Stadt ein Wertegutachten in Auftrag gegeben, dieses Gutachten, auch das kann Wolfrum bestätigen, datiert zum 12. Dezember 2016. "Bei dem Gutachten waren wir dabei", sagt Wolfrum, "es wurden zig Bilder gemacht und alles dokumentiert". Untätigkeit will sich Wolfrum nicht vorwerfen lassen, "in den Jahren 2015, 2016, 2017 haben wir rund 90 000 Euro investiert", erzählt er, etwa für eine neue Notbeleuchtung, man habe auf Vorgabe des Bauamtes hin neue Geländer angebracht, die Ausgangstüre verbreitert, damit sie als Fluchtweg dienen kann. 10 000 Euro habe man in neue Vorhänge investiert, die dem Brandschutz genügen.

23 000 Euro Erbpacht

"Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt", sagt Wolfrum, "wir haben gemacht, was wir machen konnten". 23 000 Euro Erbpacht zahlt die Stadt pro Jahr an den Kolpingverein, ein Gutachten hatte diesen Wert ermittelt. "Wir wollten nur den Bodenwert", sagt Wolfrum. Aktuell investiere man dieses Geld etwa in die Sanierung des angrenzenden Jugendheims.

Zwischen dem Zeitpunkt der Erstellung des Wertgutachtens (2016) bis zum Vertragsabschluss zwischen Stadt und Kolping (2019) vergingen drei Jahre. "Es wurde hin- und herverhandelt", sagt Wolfrum, "die Verhandlungen haben sich hingezogen". Ende Dezember 2018 habe es einen Rundgang durchs Haus gegeben, aber ein erneutes Wertegutachten, kurz vor der finalen Vertragsunterzeichnung im Jahr 2018 "ist so nicht passiert".

"Wir haben ein altes Gemäuer übernommen und wussten, dass es Sanierungsbedarf gibt", erklärt Oberbürgermeister Uwe Kirschstein. Der Stadtratsbeschluss, das Kolpinghaus zu übernehmen, sei "klar und eindeutig" gewesen.

Die jetzt offenbarten Schäden, seien "augenscheinlich nicht sichtbar gewesen", sagt Britta Kurth, Pressesprecherin der Stadt. Eine Schadenskartierung vor Vertragsunterzeichnung "sei nicht üblich", so Kurth, eine solche Kartierung sei vielmehr der erste Schritt in Richtung Generalsanierung.

Gebäudewert auf Null

Auch zum erstellten Wertgutachten nimmt die Stadt Stellung und geht dabei unisono mit Herbert Wolfrum: "Der Gebäudewert war auf Null", so Kurth. "Kein Thema", sei es, die Erbpachtzahlungen auszusetzen, "das wäre unfair, es war uns klar, dass das Haus wertlos ist", sagt die Pressesprecherin.

Sanierungsfall Kolpinghaus:

© Foto: Stadt Forchheim

Aktuell laufen Notsicherungsmaßnahmen im Saal der Tanzschule. Am 29. Juni kommt ein Restaurator aus München, um ein Konzept zu erarbeiten. Kosten und Dauer der Sanierung werden in der Juli-Stadtratssitzung auf der Tagesordnung stehen.

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