Wie überlebt Forchheims Innenstadt? CSU und FW von Citymanagement enttäuscht

21.1.2021, 05:24 Uhr
Wie überlebt Forchheims Innenstadt? CSU und FW von Citymanagement enttäuscht

© Foto: Edgar Pfrogner

Vor zwei Jahren war die Welt noch eine andere in Forchheim. Damals hatten die Stadträte Citymanagerin Elena Büttner parteiübergreifend gelobt für ihre Ideen und ihr Anpacken, um aus der Innenstadt die viel beschworene lebendige zu machen.

Ihre erste Notoperation zum Berufseinstieg glückte: Statt das abgesagte Altstadtfest abgesagt zu lassen, hat sie kurzerhand das „Anstattfest“ aus dem Boden gestampft. Die Neugründung der Werbegemeinschaft „HeimFOrteil“ oder das Einkaufen in Forchheim ins digitale Zeitalter zu heben: auch dafür gab es damals Lobeshymnen von den Räten.


Kommentar: Citymanagement Forchheim: Die Fehler stecken im Detail


Die Tonlage hat sich geändert. Jetzt haben die Räte mehrere Arien mit Kritik angestimmt. „Ich persönlich bin zum Thema Citymanagement enttäuscht“, sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Josua Flierl in der jüngsten Kulturausschusssitzung des Stadtrates.


Kritikpunkt No. 1: Büttner sei bei den Gewerbetreibenden zu wenig präsent. Es fehle das typische „Klinkenputzen“. „Büttner, wer?“ Manche Händler hätten Büttner, seit April 2018 im Dienst der Stadt, noch nie gesehen. „Es ist die Aufgabe des Citymanagements sich bei den Händlern umzuschauen, um konkrete Probleme zu lösen“, kritisierte Flierl.

Erfolg sei nicht der von Büttner

In der Sitzung hatte Büttner auf das Projektjahr 2020 zurückgeblickt. Stadtstrand, Unterstützung der Einzelhändler mit Schulungen im Bereich Digitales, der digitale Mittagstisch über den Instagram-Kanal „Forchheim Food“ oder eine Gutscheinplattform, um Innenstadtgeschäfte während des ersten Lockdowns zu unterstützen – den Erfolg sahen die Stadträte, schrieben ihn aber an erster Stelle nicht Büttner zu.

Kritikpunkt No. 2: In vielen Fällen war es die neugegründete Forchheimer Agentur JungAdler, die mit ihren Ideen auf die Stadt und Büttner zugegangen sei. Das Citymanagement habe sie lediglich umgesetzt. Wie die Gutscheinplattform oder der Stadtstrand auf dem Marktplatz, wie auch das Projekt „Forchheim Food“. Auf dem Instagram-Kanal stellen sich nahezu täglich Forchheimer Gastronomen mit ihrer Mittags- und Wochenkarte der digitalen Welt vor.



Kritikpunkt No. 3: Für „Forchheim Food“ erhält die Agentur bis Mai weitere 5000 Euro von der Stadt, um das Profil täglich auf dem aktuellen Stand zu halten. Dass die Stadt nicht Eigentümer der Seite ist, stößt sauer auf. „Es wird auf der Seite beworben, sich auch bei Erlangen Food oder bei einer Mosterei im Landkreis Bamberg umzusehen“, ärgerte sich Frank Streit (CSU). Erlangen Food ist ebenfalls ein Projekt von JungAdler. Zudem seien von der Stadt bezahlte professionelle Fotoaufnahmen für das Angebot in Erlangen verwendet worden. „Citymanagement bedeutet nicht, den Landkreis oder andere Städte zu bewerben. Das mag das Ziel der Agentur sein, aber nicht der Stadt“, so Streit. Die Idee von Instagram basiere auf der Vernetzung und auf gegenseitigen Verlinkungen, erklärte Büttner, stieß aber auf wenig Verständnis. Bisher können sich Forchheims Gastronomen kostenlos auf der Seite vorstellen. Ab Mai endet die Projektfinanzierung der Stadt. Gastronomen müssen künftig eine Gebühr zahlen, so Büttner.


Kritikpunkt No. 4: Die CSU möchte die Plattform daher lieber in den Händen der Stadt sehen. Darum kümmern soll sich das Citymanagement. Auch dafür sei Büttner eine halbe Stelle zur Verstärkung genehmigt worden. Flierl zog den Vergleich mit der – personell besser ausgestatteten – Tourismuszentrale. Dort kümmere man sich selbst um den täglichen digitalen Auftritt.

Die Gutscheinplattform – von JungAdler während des ersten Lockdowns betrieben – sei ein Erfolg, gewesen, so Büttner: 597 verkaufte Gutscheine zählt sie. „Im Vergleich mit anderen Städten ein sehr guter Wert. Es ist sehr viel Rückhalt aus der Bevölkerung vorhanden gewesen. Einzelhändlern standen die Tränen in den Augen.“ Die Plattform ist derzeit offline. „Sie war nur ein Provisorium und die Arbeit mit einem enormen Aufwand verbunden“, so Büttner auf NN–Nachfrage. Eine Verbesserung verspricht sie sich von den geplanten Stadtgutscheinen. Das Projekt soll zusammen mit Forchheims Werbevereinigung „HeimFOrteil“ bald an den Start gehen.

2021 plant Büttner neben Forchheim Food (5000 Euro) mit weiteren 25.000 Euro, um beim Leerstandskonzept voranzukommen. Für die Kategorie „Events“, darunter fällt das Forchheimer Stadtfest, kalkuliert sie mit 67.000 Euro. Es ist der größte Posten des insgesamt 107.000 Euro schweren Budgets.

Wie überlebt Forchheims Innenstadt? CSU und FW von Citymanagement enttäuscht

© Archivfoto: Nina Eichenmüller

Kritikpunkt No. 5: Sich schwerpunktmäßig mit Events zu beschäftigen, die in der Corona-Pandemie unter einem großen Fragezeichen stehen, bezeichneten CSU und FW als eine falsche Prioritätensetzung. Thomas Werner (CSU) kritisierte, dass der große Wurf beim Leerstandsmanagement fehle. „Hier muss jetzt Gas gegeben werden.“ Manfred Hümmer (FW) appellierte, sich auf Gastronomie und Handel zu fokussieren. „Die Branche braucht jetzt dringend Unterstützung.“ Die digitale Einkaufsstadt müsse daher verstärkt vorangetrieben werden. Werner appellierte, Werbung für die Innenstadt nicht nur rein digital zu planen. „Wir müssen alle Bevölkerungsgruppen erreichen, auch über die Tageszeitung.“ Auch sollen mehr Händler als bisher auf der Stadtseite www.forchheim-erleben.de vorgestellt und hierfür Geld investiert werden. Bisher sind es 20 Geschäfte. „Das reicht nicht und vermittelt ein völlig falsches Bild von Forchheim. Nicht nur die Mitglieder von HeimFOrteil, sondern auch unsere Filialisten müssen vorgestellt werden“, so Martina Hebendanz (CSU).

Büttner nahm die Kritik mit. 87.000 Euro stellen ihr die Stadträte für 2021 bereit, mit der Option zum Aufstocken, sollte Corona Events dieses Jahr ermöglichen. Im nächsten Ausschuss wollen sich die Räte der Frage widmen, welche Stadtpolitik und -gestaltung es braucht, um die Innenstadt auch über Corona hinaus am Leben zu halten.

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