Sozialer Vorstoß

24.1.2014, 13:00 Uhr
Sozialer Vorstoß

© Horst Linke

Als Ärgernis bezeichnet Oberbürgermeister Thomas Jung den 2011 ermittelten Leerstand von 2236 Wohnungen in Fürth. Wenn nur jede zehnte wieder genutzt werden könne, sei so viel gewonnen wie mit zweijähriger Bautätigkeit. Da es sich größtenteils um Altbauwohnungen handle, käme eine Nutzungsverpflichtung gerade einkommensschwachen Bevölkerungskreisen entgegen, denen der Bauboom bislang kaum Vorteile bringt.

Unbegründetem Leerstand sagt auch Baureferent Joachim Krauße den Kampf an. Bei künftigen Bauvorhaben im Geschosswohnungsbau – etwa auf der Schwand oder dem Reichsbodenfeld – kann er sich zudem eine Vorschrift zu einem Anteil öffentlich geförderter Wohnungen vorstellen. In München wird das bereits praktiziert. Im Bauausschuss dämpfte Krauße jedoch die Erwartungen, da solche Instrumente der Wohnungspolitik mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden seien. CSU-Mann Joachim Schmidt räumt zwar ein, dass in letzter Zeit zu sehr auf Luxussanierungen gesetzt wurde, hält aber wenig von einer Zwangsbewirtschaftung des Wohnraums. Das könne ein Abwandern der Bauherren in Nachbarstädte zur Folge haben, wo es keine Einschränkungen gebe.

Gegen die Stimmen der CSU sprach sich die Ausschussmehrheit jedoch für die Arbeit an Steuerungsinstrumenten aus. Mit dem Antrag zum Erlass einer Zweckentfremdungssatzung hatte die Linkspartei bereits im vergangenen Jahr den Stein ins Rollen gebracht. Die Grünen zogen im Januar nach, und nun schließt sich auch die SPD an. Stadtrat Rudi Lindner vom SPD-Mietertelefon verweist darauf, dass Fürth in den 90er Jahren bereits gute Erfahrungen mit einem Zweckentfremdungsverbot gesammelt habe. Hausbesitzer, die gute Gründe für einen Leerstand hätten, bräuchten nichts zu befürchten.

Was die Problematik zusätzlich entschärft: Im Gegensatz zur Landeshauptstadt gibt es in Fürth keine Tendenz zur Zweckentfremdung von Wohngebäuden für gewerbliche Nutzung. Eher das Gegenteil ist der Fall. Im Zuge der Konversion ehemaliger Militärareale und der neuen Nutzung verwaister Industriegebäude sind mit erheblichem Aufwand nämlich zahlreiche neue Wohnungen entstanden. Sie werden ausdrücklich vom geplanten Zweckentfremdungsverbot ausgenommen.

Als Zweckentfremdung gilt auch, wenn eine Wohnung länger als drei Monate leer steht. Bei nicht mehr erhaltenswürdigem Wohnraum oder Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz kann die Stadt von Sanktionen absehen. Das gilt auch, wenn auf einen Leerstand mit dem Schaffen von Ersatzwohnraum oder Ausgleichszahlungen reagiert wird.

Eine Gemeinschaftsaufgabe sieht Grünen-Stadtrat Harald Riedel darin, alle vorhandenen Wohnungen nutzbar zu machen. Hierbei gelte der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“. Auch SPD-Fraktionschef Sepp Körbl ist dieser Meinung. Er will aber keinesfalls Wohnungsbaugesellschaften bestrafen, wenn deren Gebäude zum Zweck der Renovierung einmal für längere Zeit unbewohnt sind.
 

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