Abweichlerin Wöhrl will sich nicht drohen lassen

10.8.2015, 19:19 Uhr
Dagmar Wöhrl stimmte im Juli gegen das dritte Hilfspaket für Griechenland. Das kritisierte Fraktionschef Volker Kauder scharf.

© oh Dagmar Wöhrl stimmte im Juli gegen das dritte Hilfspaket für Griechenland. Das kritisierte Fraktionschef Volker Kauder scharf.

Die Zeit der parlamentarischen Sommerpause, diese Zeit der eigentümlichen Ruhe im Berliner Parlamentsviertel, sie ist auch die Zeit, in der groß rauskommen kann, wer es sonst eher selten in die Schlagzeilen schafft.

Alexander Funk zum Beispiel. Der CDU-Abgeordnete aus dem Saarland, außerhalb seines Wahlkreises eher ein Unbekannter, hat sich mit wenigen Sätzen zum Verteidiger der Gewissensfreiheit aller Mandatsträger aufgeschwungen: „Erschreckend und beschämend“ sei Volker Kauders Warnung an die Abweichler in der Unionsfraktion, sagt Funk der Bild-Zeitung und legt nach: „Damit disqualifiziert er sich als Vorsitzender.“ Man kann das auch so interpretieren, dass Funk Kauder, als Vorsitzender der Unionsfraktion immerhin sein Chef, hier den Rücktritt nahelegt.

Seit Kauder am Wochenende über die Abweichler in den eigenen Reihen zu Felde zog, ist der Ärger groß in CDU und CSU. Der Fraktionschef drohte den Abgeordneten mit Konsequenzen, wenn sie weiter in den Abstimmungen zu Griechenland von der Regierungslinie abwichen. Um welche Konsequenzen es sich handelt, das skizzierte Kauder gleich selbst: „Die mit Nein gestimmt haben, können nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten: etwa im Haushalts- oder Europaausschuss.“ Auch die Nürnberger CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl gehört, wie ihr Fraktionskollege Michael Frieser, zu den Abweichlern.

Sturm der Entrüstung im Netz

Beide stimmten im Juli gegen Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland. Ihre Kritik an Volker Kauder formuliert Wöhrl freilich vorsichtiger als Kollege Funk aus dem Saarland. „Ich verstehe, dass sich Volker Kauder leidenschaftlich für die Geschlossenheit unserer Fraktion einsetzt“, sagt Wöhrl. Um dann aber doch keinen Zweifel zu lassen, was sie von den Äußerungen des Fraktionschefs hält: „In unserer Fraktionsordnung sind die Mittel ,Drohung’ und ,Amtsentzug’ nicht vorgesehen.“

Im Internet brach wenige Stunden, nachdem Kauders Äußerungen publik wurden, ein Sturm der Entrüstung los: „Solange ihr die Füße unter meinem Tisch habt, könnt ihr euch freie Mandatsausübung abschminken“, interpretiert ein Twitter-Nutzer Kauders vermeintliches Selbstverständnis. Für die politische Konkurrenz ist der Fall freilich eine Steilvorlage: „Kauder hat sich als Fraktionsvorsitzender disqualifiziert“, sagt AfD-Chefin Frauke Petry – und wählt damit auch noch dieselben Worte wie CDU-Mann Funk.

Einschüchtern lassen wollen sich die Abweichler nicht. Eine Volkspartei müsse auch andere Meinungen akzeptieren, das Grundgesetz räume den Bundestagsabgeordneten aus guten Gründen die Gewissensfreiheit ein, sagt Dagmar Wöhrl. Um ihre Ausschusssitze – im Entwicklungsausschuss ist sie sogar Vorsitzende – macht sie sich nach eigenen Angaben keine Sorgen.

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