"Schnoddrig und klug": Fürther Politiker über Helmut Schmidt

10.11.2015, 22:20 Uhr

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Die Nachricht erreichte die SPD-Bundestagsabgeordneten während ihrer Fraktionssitzung: Fraktionschef Thomas Oppermann sprach gerade, als ihm sein Referent etwas ins Ohr flüsterte, erzählt der Fürther Abgeordnete Carsten Träger. Mit der Botschaft hatte man rechnen müssen, „wir wussten ja, dass es ihm schlecht geht – aber alle sind erschrocken, dass es tatsächlich so gekommen ist“. Eine tiefempfundene Betroffenheit habe den Raum erfüllt. Dieser Staatsmann mit dem „messerscharfen Verstand“, so Träger, sei bis zuletzt ein „gehörter Ratgeber“ gewesen: „Er wird uns fehlen.“

Persönlich kennengelernt hat der 42-Jährige ihn nie – anders als Norbert Eimer. Helmut Schmidt war seit zwei Jahren Bundeskanzler, als Eimer 1976 für die Fürther FDP in den Bundestag zog. „Er war etwas schnoddrig“, erinnert sich der 75-Jährige, „und er war wahrscheinlich einer der klügsten Bundeskanzler.“ Ein Kanzler, der „bedauerlicherweise den Rückhalt in seiner Partei verlor, wie später Gerhard Schröder“.

Die mangelnde Unterstützung in der SPD sei der wesentliche Grund für den Bruch der sozialliberalen Koalition gewesen, sagt Eimer. Die wirtschaftlichen Differenzen mit der FDP, das berühmte Lambsdorff-Papier habe Schmidt genial genutzt, „um seinen Abschied zu inszenieren und der FDP rüberzuschieben“: „Das hat er geschickt gemacht!“ Fasziniert habe ihn Schmidts „Klugheit, seine Art zu denken und zu analysieren“.

„Er war einer der ganz Großen der SPD“, sagt der frühere Stadtrat Günter Witzsch (78) über Helmut Schmidt. Zwar vermisste er selbst bei ihm – „anders als bei seiner Frau Loki“ – ein Interesse an Umweltthemen, doch das änderte nichts an seiner Verbundenheit: „Ich war ein absoluter Schmidtianer! Ich habe vor allem die Geradlinigkeit geschätzt, mit der er seine Ziele verfolgte.“

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Völlig richtig und in ihrer Konsequenz bewundernswert sei Schmidts Haltung im Deutschen Herbst gewesen, als Hanns Martin Schleyer 1977 entführt wurde. „Der Staat darf sich nicht erpressen lassen – so schlimm das für die Betroffenen war.“

Als Anhänger des linken Flügels der SPD hatte der Fürther Stadtrat Rudi Lindner schwer zu schlucken, als Helmut Schmidt auf den umstrittenen Nato-Doppelbeschluss drängte. Doch die Enttäuschung war vorübergehend, Lindner hat sich innerlich längst mit Schmidt versöhnt: „Die positive Seite hat immer überwogen. Er war ein Staatsmann und durch und durch Sozialdemokrat.“ Auch als Altkanzler habe er Schmidt bewundert, zum Beispiel als er erklärte, dass der Afghanistan-Krieg nicht zu gewinnen sei.

Die frühere Stadträtin Meta Zill schätzte Schmidts offene Worte ebenfalls: „Oft hat er es mit einem hintergründigen Humor gesagt, so dass ihm keiner böse war.“ Sie ahnt: „Es fehlt jetzt irgendwie ein ganz wichtiger Mann, nicht nur der SPD, sondern der Politik überhaupt. Er hat schon viel auf die Finger geschaut. Und er hat allen eine gewisse Orientierung gegeben.“

Nach dem Tod von Altkanzler Helmut Schmidt können Bürger auch vor Ort in Kodolenzlisten einen letzten Gruß notieren und ihre Anteilnahme bekunden. In der Stadt Fürth liegt ein Kondolenzbuch in der Bürgerberatung im Rathaus aus. Die Bibertstadt hat im Bürgeramt im Rathaus an der Fürther Straße 8 eine Kondolenzliste ausgelegt.


 

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