Violinzauber und ein frischer Brahms

17.4.2016, 17:49 Uhr

Eine magische Wirkung geht von ihr aus, der Wundervioline, die der Geigenbauer Busotti im 17. Jahrhundert geschaffen hat. 400 Jahre lang begleitete dieses Instrument fünf Generationen in drei Kontinenten. Für das Filmdrama „The Red Violin“ von Francois Girard lieferte der US-Avantgarde-Star John Corigliano mit einem Oscar prämierte melodische Eingebungen.

Ebenso stammt aus seiner Feder eine 17-minütige virtuose „Chaconne für Violine und Orchester“. Grund genug für die junge Schweizer Geigerin Rachel Kolly d’Alba, im Konzert der Symphoniker das in immer neuen Variationen aufgezogene Spiel mit Raffinement zu adeln. Da öffnen sich Spannungsfelder zwischen provokativen orchestralen Gesten und sich
in höchste Lagen aufschwingendem Laufwerk. Eine atmosphärisch wohlklingende Ergänzung gibt Beethovens F-Dur Romanze.

Japanische Trauermusik

Am Pult lenkt souverän der US-Amerikaner John Axelrod, der seit kurzem die Position des Chefdirigenten des Königlichen Symphonieorchesters Sevilla bekleidet. Er macht zum Entrée mit der Klangsprache des weltweit anerkannten japanischen Komponisten Toru Takemitsu bekannt. Dessen von Düsternis umwitterte tragische Klänge „Tod und Auferstehung“ speisen sich aus dem nuklearen Fallout nach dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima. „Der schwarze Regen“ gerät zu einem
symbolischen Fanal, das Takemitsus Musik expressiv kunstvoll im Streicher-Sound ausleuchtet.

Diese Erfahrung macht man nicht alle Tage: die erste Sinfonie von Johannes Brahms mit prickelnder Spannungsdichte derart dynamisch feingeschliffen dargeboten – eine Dispositionskunst, die Staunen macht. Axelrod zieht die romantisch verschleiernde Decke zur Seite, so dass sich Bläserstimmen emanzipieren und in klaren Konturen herauskristallisieren können, die sonst im kompositorischen Getriebe kaum eine Chance hätten.

Unsentimental geformte lyrische Segmente und lichte Bläserkantilenen weisen Axelrod als einen Pultlenker aus, der jene biografischen Hintergründe zu beleuchten vermag , die der verliebte junge Brahms mit seiner Begehrlichkeit für Clara Schumann so packend sinfonisch kommuniziert hat. Das Finale lebt von vehement aufgezogenen „Durch-Nacht-zum-Licht-Aufschwüngen“, die freilich zum Finalschluss etwas rustikal vorüberdonnern. Viele Bravi.

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