Die Rhön auf bestem Wege

12.8.2016, 18:00 Uhr
Die Rhön auf bestem Wege

© Martin Müller

Es steckt schon eine besondere Ironie dahinter, dass sich ausgerechnet die Rhön als „Land der offenen Fernen“ bezeichnet. Ausgerechnet dieser raue, so außerordentlich dünn besiedelte Landstrich im Dreiländereck von Bayern, Hessen und Thüringen, in dem die Menschen seit jeher kaum über die Ortsgrenze hinausdenken und ihren besonderen Charme oft erst auf den zweiten Blick zeigen.

„Die Rhöner fühlen sich zwar als solche und identifizieren sich durchaus mit der Rhön — aber eben nur mit ihrem eigenen Teil der Rhön. Sie sagen: Das da drüben, das kann doch keine Rhön mehr sein“, verdeutlicht Roland Frormann, Tourismus-Leiter des Landkreises Fulda.

Verstärkt wurde diese Einstellung jahrzehntelang durch die undurchdringliche deutsch-deutsche Grenze, die sich durch die Rhön zog und den Thüringer Teil abtrennte.

Um die Rhön enger miteinander zu verbinden, entstand vor zehn Jahren der Hochrhöner, ein 173 Kilometer langer Fernwanderweg, der sich von Bad Kissingen nach Bad Salzungen durch das gesamte Mittelgebirge zieht und Höhepunkte wie Kreuzberg, Wasserkuppe und Milseburg passiert.

Wer sich etwa von der Markierung, einem kleinen orangefarbenen „ö“, ins Rote Moor unterhalb der 950 Meter hohen Wasserkuppe locken lässt, kann eine faszinierende Landschaft auf sich wirken lassen. Auf einem 1300 Meter langen Holzsteg wandert man durch die Moorlandschaft. Tiefgrün leuchten die niedrigen Sträucher, die die gesamte Fläche ausfüllen. Mystisch ragt daraus ein dichter Wald aus silber glänzenden Karpatenbirken hervor.

Hier wurde lange Torf abgebaut

175 Jahre lang, bis 1984, wurde hier Torf abgebaut. Von einem kleinen Aussichtsturm aus kann man auf die Moorfläche blicken. Hier sieht man gut, dass der Torf metertief abgebaut wurde. Mittlerweile bemüht man sich sehr, das Moor zu renaturieren und wieder wachsen zu lassen.

„Der Bekanntheitsgrad der Rhön ist durch den Hochrhöner deutlich gestiegen“, meint Thomas Lemke, Wanderweg-Koordinator der Arbeitsgemeinschaft Rhön. Der Hochrhöner war der Startschuss einer wahren Wander-Qualitätsoffensive. Zuvor hatte das Rhöner Kirchturmdenken ordentlich Verwirrung gestiftet. Ob der Heimat- und Wanderverein Rhönklub oder der Naturpark — jeder hatte sein eigenes Wegenetz, es gab keine einheitlichen Markierungen, manche Wegnummern kamen gar mehrfach vor. Mit dem Hochrhöner begann das große Aufräumen.

„Wir hatten einfach zu viele Wege. Wir wollten das Netz dünner, aber qualitativ hochwertiger gestalten“, erklärt Roland Frormann. 30 Prozent weniger sollten es sein, mittlerweile ist man auf einem guten Weg. Einfach war dieser allerdings nicht: „Teilweise gibt es natürlich eine starke emotionale Bindung zu den Wegen. Es ist schwer, sie einfach zu streichen“, erläutert Wander-Koordinator Thomas Lemke.

Heute konzentriert man sich auf Premiumwege, wie eben den Hochrhöner. Die sanften Kuppen, die wellige Landschaft, das satte Grün, die weiten Blicke in die Ferne — alles, was typisch ist für die Rhön, kann man auf dem Fernwanderweg erleben. Waldfreie Hochflächen wie hier kennt man kaum aus anderen Mittelgebirgen. Dazu stapft man durch eine einzigartige, unheimlich abwechslungsreiche Naturlandschaft zu solch Absonderlichkeiten wie der Bernhäuser Kutte, einem tiefgrünen, nahezu kreisrunden See im thüringischen Wartburgkreis. Die 45 Meter tiefe „Grüne Kutte“ ist entstanden, als Salzschichten im Untergrund ausgespült wurden, einsackten und sich mit Wasser füllten — eine smaragdschimmernde geologische Besonderheit.

Ein Höhepunkt nach dem anderen

Ganz in der Nähe bildet die Wiesenthaler Schweiz ein gewaltiges natürliches Amphitheater. Die Hänge der hufeisenförmigen Naturlandschaft sind mit Kalkmagerrasen bedeckt, auf dem Orchideen gedeihen. Eine eigentümliche Wirkung entfalten die sich sanft in den Wiesen erhebenden, säulenförmigen Wacholderbäumchen. Fast so, als ob sie ein Regisseur mit einem außerordentlichen Gespür für Raumwirkung genau an dieser Stelle platziert hätte.

Wer nur ein paar Minuten weiterläuft, hat schon den nächsten Höhepunkt erreicht: den Ibengarten, ein außergewöhnliches Waldgebiet, in dem weit über 350 Eiben wachsen. Zwischen dem faszinierenden Verästelungen und dem weitschweifigen Wurzelwerk der teils über 500 Jahre alten Bäume wurde ein Erlebnisweg rund um den Rhönpaulus, den Robin Hood der Rhön angelegt.

„Wir wollen eine angenehme Inszenierung, die die Rhöner Landschaft noch im Vordergrund stehen lässt“, betont Lemke. So nah und doch so fern vom Großraum Nürnberg ist das alles. Denn vielen in der Region ist das Juwel vor der Haustür noch relativ unbekannt. Die Kurstadt Bad Kissingen als Eingangstor zur Rhön kennt man, dazu vielleicht noch den Kreuzberg mit seinem Franziskanerkloster und, für viele noch viel wichtiger, seinem süffigen Klosterbier.

Danach ist aber ganz schnell Schluss. Höchstens die Wasserkuppe, mit Flugplatz, Sommerrodelbahn und allerlei Unterhaltungsangeboten der Touristenmagnet schlechthin, ist noch ein Begriff. Eine Entdeckung dieser unbekannten Region lohnt sich.

Es gibt auch andere Schmankerl

Wem der Hochrhöner zu ambitioniert ist, kann auch aus einer Vielzahl anderer Wander-Schmankerl auswählen. 25 Extratouren gibt es mittlerweile, sechs bis 20 Kilometer lange Rundwege, die allesamt von Deutschen Wanderinstitut als Premiumwege zertifziert wurden. Damit hat die Rhön beispielsweise deutlich mehr solcher Wege als die deutschen Alpen.

Der Rhöner Charme mag sich also gerne mal etwas verstecken. Aber ein zweiter Blick lohnt sich.

Mehr Informationen:

www.rhoen.de

Diese Reise wurde durch die Rhön Marketing unterstützt.

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