Im großen Stil und wie geschmiert

9.10.2016, 19:24 Uhr

„Im großen Stil“ lautet das Motto und der Konzertabend wird eröffnet mit „The Chairman Dances“, einem Foxtrott für Orchester, der dem Amerikaner John Adams 1985 im dritten Akt seiner Oper „Nixon in China“ übrig geblieben ist. Mao Zedong steigt aus einem Porträt herab, um mit seiner vierten Frau Jiang Qing wie in alten Zeiten einen Foxtrott zu tanzen. Allerlei ungewöhnliches Instrumentarium ist bei diesem skurrilen Stück mit nahezu durchgehend hohem Energiegehalt verlangt, doch am Ende verlässt die Feder des Grammophons die Kraft, akustisch wunderbar dargestellt mit Sandpapier.

Sofort fällt auf, dass die Chemie zu stimmen scheint zwischen Dirigent und Orchester. Die Symphoniker bilden eine Einheit, sind sehr aufmerksam und folgen dem Mann am Pult, egal wohin. „For sure! Das ist sicher! Dies ist ein Name, den man in Zukunft immer wieder lesen wird: Kazem Abdullah.“ Haben diese einleitenden Worte im Programmheft über den jungen amerikanischen Dirigenten (37) mit Wurzeln in Sierra Leone etwa eine direkte Bedeutung für das Orchester?

Ein echter Wettstreit

Auch das „Concerto Grosso für Saxophon-Quartett und Orchester“ von William Bolcom läuft wie geschmiert. Zwar hätte bei etwas mehr Zurückhaltung des Orchesters die ein oder andere virtuose Passage noch beeindruckender gewirkt, aber insgesamt wird das Werk seiner Gattungsbezeichnung gerecht und ist ein echter Wettstreit. Auf der gerade erschienenen dritten CD („Transformation“) des renommierten Sonic.art Quartetts spielt Gründungsmitglied Adrian Tully zwar noch Tenorsaxophon, doch auch auf dem Sopransaxophon, dem Lead-Instrument in der französischen Besetzungsvariante, ist er ein Magier. Bei der Zugabe, dem letzten Satz aus dem „String Quartet No. 3“ von Philip Glass, wird die Zirkular-Atmung demonstriert, die notwendig ist, um den Fluss bei Minimal Music nicht zu unterbrechen.

Nicht eben begeistert äußerten sich die Kritiker 1888 über Tschaikowskys „Symphonie Nr.5“, obwohl sie doch unbestreitbar einige der erschütterndsten und bewegendsten Stellen in seinem Gesamtwerk enthält. Schon mit den Anfangstakten gibt die Klarinette die ausweglose Grundstimmung vor, die unausweichlich in der Erfüllung des Schicksals im letzten Satz gipfelt. Hier gilt es, nicht zu viel Pathos und Schönklang in schalen Gefühlspomp zu verwandeln. In diese Falle tritt Kazem Abdullah nicht, er dosiert die Tempi wohlüberlegt, strukturiert sehr deutlich und reißt einfach mit. For sure!

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