Shelley machte Pomp und Umstände

8.1.2017, 18:44 Uhr
Shelley machte Pomp und Umstände

© Foto: Torsten Hönig

Was der „Radetzky-Marsch“ bei den Wienern, ist in England „Pomp and Circumstance“ von Edward Elgar – hier die Erinnerung an Habsburgs General, dort die an des Empires Größe. Fünf Stück gibt es davon unter der Opusnummer 39: die Nr. 1 zelebrierte Shelley als glänzendes Konzertfinale, die Nr. 3 als Zugabe.

Für die Insel würde zu einem New-Year’s-Eve-Konzert auch gehören, dass man sich umarmt und tränenselig „Auld lang syne“ singt. Solche Emotionen gab es in der voll besetzten Meistersingerhalle zwar nicht, aber Shelleys Blumenstrauß-Weitwurf trifft das Publikum immer noch mitten ins Herz. Wie auch der britische Melodienstrauß aus der gehobenen Wunschkonzert-Literatur: effektvolle, melodienselige Stücke von Eric Coates oder Ralph Vaughn Williams mit geblümtem Laura-Ashley-Charme, von Glücksbringern und Lavendelduft.

Alexander Shelley und den Symphonikern gelang das mit viel Schwung, und die Meistersingerhalle bekam einen Hauch von Royal Albert Hall. Solche süßen Musiklutscher hat es früher auch bei uns gegeben aus dem Rundfunkorchester-Repertoire und aus UFA-Zeiten – heute aus der Mode gekommen. Shelley mixt mit Geschick solche Teatime-Sentimentalitäten mit Musical und forschen Märschen: voller Sound bei Nuremberg Symphony.

Zuvor aber herrschte bei Shelleys letztem Neujahrskonzert in Nürnberg durchaus symphonisch-festlicher Ernst. Die Ausschnitte aus der königlichen „Wasser-Musik“ waren eine sauber gespielte Reverenz an den König der Londoner Barockmusik aus Halle: Georg Friedrich Händel oder George Frederic Handel wie er nach seiner Einbürgerung 1723 hieß. Die Symphoniker führten dabei passabel trainiertes Blech ins Treffen, besonders aber ihre agile Streichertruppe – auch ohne die Eigenheiten der Historischen Aufführungspraxis.

„Mein London“

„Mein London“ hieß der Abend, und der neunjährige Shelley hatte dort einst ersten Cellounterricht beim Solocellisten von London Symphony. Tim Hugh half ihm jetzt aus der Verlegenheit, einen Ersatzsolisten für Edward Elgars Cellokonzert finden zu müssen. Und er war ein sehr authentischer Interpret für die Wehmut dieses 1919 uraufgeführten Stücks, dem der schwermütige Elgar keines mehr folgen ließ: keine triumphale Empire-Hymne wie seine Märsche, sondern ein Stück von feiner, elegischer Zurückhaltung.

Hugh putzte das auch nicht unpassend auf, zeigte sich technisch versiert, war besonders überzeugend in der innigen Melodik: keine knallige Silvesterrakete, sondern der Abglanz einer Epoche englischer Größe. Wollten Shelley und Hugh ihrem Publikum das als Botschaft fürs neue Jahr mit auf den Weg geben?

Nächster Symphoniker-Termin: 22. Januar, „Nordic Walking“ – auch wieder mit Edward Elgar, es dirigiert Jonas Alber; Karten unter Tel. 09 11 / 4 74 01 54.

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