Die Fiedlerin aus dem hohen Norden

23.1.2017, 19:32 Uhr

Wie auf einem Tanzboden fiedelt sich die Norwegerin durch Johan Halvorsens Schauspielmusik, sobald sie ihr Instrument mit den charakteristisch mitschwingenden Resonanzsaiten ans Kinn hebt. Das flache Griffbrett erlaubt eine mehrstimmige Spielweise, mit der sie mitreißend vor der Kulisse der Nürnberger Symphoniker agiert.

So viel Schwung tut auch dem Seelendrama in Sibelius’ Violinkonzert gut. Hier bedient sie sich ihrer Francesco Ruggeri-Violine aus Cremona, wählt aber insbesondere bei den rhythmischen Vertracktheiten des Schlusssatzes einen raueren, ungehobelten Tonfall, der jede Blasiertheit ablegt und tief im Leben steht. Für träumerische Elegie ist der Mittelsatz verantwortlich, mit dem sie ihre Hörer verzaubert. Längst hat sich Sibelius’ Violinkonzert zu einem beliebten Konzertstück entwickelt, dessen stilistische Divergenz und Eigenart, welche die Zeitgenossen noch störte, längst durch seine Popularität eingeholt wurde.

Stippvisite des neuen Chefdirigenten

Für nordische Noblesse waren Elgars Enigma-Variationen an diesem Nachmittag verantwortlich. Längst haben die Forscher enträtselt, hinter welcher Abkürzung der insgesamt 14 Variationen welche Künstlerpersönlichkeit steht, der Elgar hier ein musikalisches Kurzporträt widmete. Bei so viel Aufklärung wollte Intendant Lucius Hemmer das Abonnentenpublikum eine weitere Enthüllung nicht vorenthalten und stellte den zukünftigen Chef der Symphoniker, den jungen Kahchun Wong vor, der ab 2018 die Geschicke der Symphoniker leiten wird. Für regelmäßigen Besucher der Sonntagskonzerte ist der Mann aus Singapur kein Unbekannter mehr: Im Oktober des vergangenen Jahres steuerte er die Nürnberger Symphoniker mit erstaunlicher Raffinesse und stupender Werkkenntnis durch die komplexe Partitur von Schostakowitschs 5. Symphonie.

Alle Rätsel gelöst? Nicht ganz. Auch zukünftig wird man rätseln dürfen, warum wir als Zuhörer immer wieder aufs Neue von Elgars Themen so innerlich berührt werden, die von Dirigent Jonas Alber mit klugem Gespür für das Brahms’sche Element in dieser Musik gestaltet wurden. Der von Prospero entfesselte Sturm in Arthur Sullivans gleichnamiger Schauspielmusik „The Tempest“ zum Auftakt war da schon fast vergessen.

 

Keine Kommentare