Die Herkules-Stelle

12.12.2009, 00:00 Uhr
Die Herkules-Stelle

© Hans-Joachim Winckler

Vier aus rund 60 Kandidaten sind übrig geblieben; vier, die willens sind, Fürths vielleicht schwersten Kultur-Job zu übernehmen. Ein Fürther ist übrigens nicht darunter.

Die Aufgabe: In finanziell extrem angespannter Zeit Stadtarchiv (mit Stadtbibliothek und städtischen Sammlungen) und das noch zu eröffnende Stadtmuseum im ehemaligen Otto-Schulhaus in der Innenstadt zu leiten. Kultur- und Personalausschuss beraten gemeinsam, getrennt stimmen sie ab. Im Januar soll der Nachfolger Sabine Brenner-Wilzceks feststehen.

Die Wissenschaftlerin kam im Januar 2007 nach Fürth. Offiziell zum 1. Dezember dieses Jahres trat sie den Posten der Leiterin des Düsseldorfer Heinrich-Heine-Instituts an, dessen Mitarbeiterin sie bereits war, bevor sie der Ruf nach Fürth ereilte. «Brenner-Wilczek hat die Messlatte unglaublich hoch gelegt«, sagt Andrea Heilmaier, kulturpolitische Sprecherin der CSU-Fraktion. «Ein Glücksfall für Fürth« sei die junge Düsseldorferin gewesen, pflichtet Heilmaiers SPD-Pendant Rudi Lindner bei. Es habe zuvor 20 Jahre lang «keine richtige Archivarbeit gegeben«, so die Stadträtin. Erst Brenner-Wilczek habe das Schloss mit Ideen und Schwung öffentlich bekannt gemacht, unter anderem mit dem glänzend besuchten Tag des Offenen Denkmals, mit Ausstellungen und Kinder-Aktionen.

Aus wenig mach viel

Doch zaubern konnte auch sie nicht. Heilmaier, die zugleich Schloss-Pflegerin ist: «In Burgfarrnbach lagert immer noch vieles in Kartons, zig Bestände sind überhaupt noch nicht richtig erfasst, von der Digitalisierung, wie sie andernorts längst üblich ist, ganz zu schweigen«. «Aus wenig viel zu machen«, dies sei das Kunststück, dass auch der oder die Neue beherrschen müsse. Denn das leidige Thema Nummer eins lautet: Geld.

Die jüngsten Haushaltsberatungen haben schonungslos aufgezeigt, dass keinerlei Spielraum vorhanden ist, geschweige denn ein Etat zur Aufstockung des ohnehin schmal besetzten Schloss-Teams. Zugleich hatte der Stadtrat heuer als Konsolidierungsmaßnahme über den Stadtarchivar-Posten eine sechsmonatige Wiederbesetzungssperre verhängt. Im Klartext: Wer auch immer Brenner-Wilczek nachfolgt, er oder sie wird das Amt nicht vor dem 1. Juli 2010 antreten dürfen. Ein heikler Punkt, der ein Licht wirft auf die noch immer ungeklärte Frage, wann das Stadtmuseum in der Ottostraße eröffnet.

Vermutlich im Februar, so hieß es gestern nebulös aus dem Bürgermeister- und Presseamt, nachdem schon der Starttermin September 2009 wegen Schwierigkeiten bei der (Sonder-)Anfertigung der Vitrinen (wir berichteten) nicht zu halten war. Lindner wiederum will von April 2010 gehört haben. Februar oder April - doch mit welchem Direktor, mit welcher Leitfigur an der Spitze?

Das Museumskonzept trägt zur Gänze Sabine Brenner-Wilczeks Handschrift. Und deren Stellvertreter, der nun kommissarisch die Geschäfte führende Gert-Ronald Langer, ist ein honoriger Verwaltungsfachmann - nicht weniger, aber auch nicht mehr. «Ich bin nicht sicher«, sagt daher ein Stadtrat, der namentlich ungenannt bleiben möchte, «ob wir in der momentanen Haushaltslage überhaupt ein Museum eröffnen sollten. Wir müssen jetzt nichts übers Knie brechen.«

Auch die Zeit nach den Sommerferien 2010 ist inzwischen als Starttermin hinter vorgehaltener Hand im Gespräch; dann wäre der neue Museumsdirektor immerhin in Amt und Würden. Doch im Rathaus bleibt man offiziell dabei: Schon in einigen Wochen soll das Museum eröffnen. Die Homepage www.stadtmuseum-ludwig-erhard.de ist allerdings noch immer nicht freigeschaltet, von Appetit anregender Vorab-PR keine Spur.

«Man erfährt nichts«

«Und wer das alles bezahlen soll«, fügt Heilmaier ratlos hinzu, «ist ebenso offen. Vitrinen, Brandschutz, Sicherheit, Beleuchtungskonzept, Folgekosten, man erfährt gar nichts.« Die Stadtverwaltung behaupte zwar, die Kosten mit Mitteln aus dem Vermögenshaushalt decken zu können, werde aber, so die CSU-Stadträtin, nicht konkreter.

Lindner wiederum geht aktuell von einem Aufwand für das neue Museum in Höhe von «mehreren 100000 Euro aus«. Von jener Kostenneutralität, die Oberbürgermeister Thomas Jung anfangs versprach, sei das Haus mit seinen rund 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche inzwischen «weit entfernt«. Immerhin bemühe sich der im Juli gegründete Förderverein - ihn leitet SPD-Stadträtin Maria Ludwig - um Spenden. Lindner: «Es kommt jetzt darauf an, wie viel Aufwand und Niveau, wie viel Initiative und Ausstellungen das Museum haben soll.«

Fragen, auf die es derzeit offenbar weit und breit keine klaren Antworten gibt. Doch womöglich in acht Wochen schon öffnen sich die Museumstüren.MATTHIAS BOLL