To-Go-Mentalität macht den Kommunen Sorgen

25.11.2017, 16:00 Uhr
To-Go-Mentalität macht den Kommunen Sorgen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Lange schienen sie ein unzertrennliches Team zu sein: der Einkauf und die Plastiktüte. In jedem Laden gab’s die Tüte gratis dazu. Dass das ein ziemlicher Wahnsinn ist, hat sich in den vergangenen Jahren immer deutlicher gezeigt.

Bis zu 500 Jahre dauert es, eine Plastiktüte abzubauen, die erst in der Natur gelandet ist, dann im Fluss und schließlich im Meer. Dort sind die Tüten nicht alleine: 13 Millionen Tonnen Kunststoff gelangen nach Angaben von Greenpeace jedes Jahr in die Weltmeere, in teils riesigen Plastikstrudeln treiben sie umher.

Mit dem Verzicht auf Plastiktüten lässt sich die Welt also schon ein ganzes Stück besser machen. Wie gut das funktioniert, kann man als Fürther ganz in der Nähe beobachten: Roßtal ist seit 2013 auf dem Weg, die erste plastiktütenfreie Marktgemeinde Frankens zu werden – ein Vorhaben, das schon dem dortigen Kindergemeinderat einleuchtet. Die Mädchen und Jungen zählen regelmäßig, wie viele Kunden in den Roßtaler Läden noch Plastiktüten verwenden. Im Januar waren es nur noch 4,3 Prozent – das Ziel ist fast erreicht.

Und damit oft mehr als ein kleiner Anfang: "Wenn einer bewusst sein Baumwolltäschchen benutzt, ist das Umdenken eigentlich schon geschafft. Dann wird er auch nicht gedankenlos Plastiklöffel benutzen. Der Verzicht auf Plastiktüten ist also ein wichtiger Mosaikstein, dem andere oft folgen", sagte Roßtals Umweltreferent Michael Brak den FN vor einiger Zeit.

Deshalb sei es auch so wertvoll, dass der Handel 2016 begonnen hat, Tüten nicht mehr kostenfrei auszugeben. Er beobachte, dass immer mehr Menschen beim Bezahlen ihren Stoffbeutel rausziehen – ein gutes Zeichen.

Wer mit offenen Augen durch Innenstädte läuft, sieht aber auch Deprimierendes: Die Mülleimer quellen über. Auch im Fürther Zentrum hat die Abfallmenge deutlich zugenommen. In den Behältern stecken die Spuren der "To-Go-Mentalität", wie es Doris Langhardt, die Leiterin des Bauhofs, nennt: leere Kaffeebecher, Snackboxen, Pizzakartons. . . Neben Imbissläden bieten inzwischen auch Supermärkte eine Vielfalt an Snacks an. Das ist so bequem wie abfallreich.

Eine fast unglaubliche Zahl beschäftigt dabei immer mehr Kommunen: Rund 320 000 Coffee-To-Go-Becher werden nach Schätzungen der Deutschen Umwelthilfe stündlich (!) verbraucht. Im Juli brachten die Fürther Grünen das Thema in den Umweltausschuss. Das Fazit der Stadtverwaltung: Rechtlich gebe es keine Möglichkeit, die Abgabe von To-Go-Verpackungen zu beschränken. Und ein Pfandsystem für Kaffeebecher, wie es etwa Freiburg eingeführt hat, wäre wohl nur zusammen mit dem Handel "auf freiwilliger Basis" möglich. Die Innenstadtbeauftragte Karin Hackbarth-Herrmann immerhin versprach, die Händler für die Problematik zu sensibilisieren.

Zirndorfer System?

Vorstöße gab es nun auch in Zirndorf und im Landkreis: In Zirndorf forderten die Freien Wähler (FW), ein Mehrwegbecher-System innerhalb der Stadt einzuführen. Prinzipiell eine gute Sache, meinte Bürgermeister Thomas Zwingel. Aber man könne einer Bäckerei oder einem Café nicht vorschreiben, wie sie ihre Kunden zu bedienen haben. Er schlug deshalb vor, zunächst die ZiMa (Zirndorfer Marketing) mit einer Umfrage unter Geschäftsleuten zu beauftragen.

Fast zeitgleich forderte die Kreistagsfraktion der Grünen das Landratsamt auf, eine Strategie zur Eindämmung der Flut von Einwegbechern zu erarbeiten, möglicherweise in Zusammenarbeit mit der Metropolregion. Landrat Matthias Dießl hat zugesagt, das Anliegen zu prüfen.

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