Die ordnende Hand

29.1.2018, 19:27 Uhr
Die ordnende Hand

© Foto: Horst Linke

Nein, die erste Reihe muss es für Gerd Martens nicht sein. Er arbeitet gerne im Team oder tüftelt auch allein etwas aus. In der Asylunterkunft vorlesen oder in der Suppenküche die Kelle schwingen — das muss es für Martens nicht unbedingt sein, sagt er ehrlich. Denn "eine sehr soziale Komponente habe ich nicht", sagt der 77-Jährige — und untertreibt damit maßlos.

Bei der Bürgerstiftung können sie ein Lied davon singen. Monika Gorbahn hat viele fleißige Ehrenamtliche. Gerd Martens sei "besonders fleißig", sagt die Zweite Vorstandsvorsitzende. Das sagen auch die Zahlen: 65 Stunden ist Gerd Martens für die Bürgerstiftung im Einsatz — im Hintergrund, ohne großes Aufheben. Weniger wichtig ist Martens’ Aufgabe nicht, eher im Gegenteil: Fast im Alleingang strukturiert er die Adressdatenbank der Bürgerstiftung um, nimmt sich der Neugestaltung der Homepage — "heutzutage besonders wichtig" (Martens) — an oder hilft, einen neuen Flyer zu entwickeln, mit dem um Unterstützer und Freiwillige geworben wird.

Freiwillige wie Gerd Martens, der tatsächlich auf ähnlichem Weg bei der Bürgerstiftung landet. Die sucht auf der Messe "inviva" nach einem Ehrenamtlichen, der sich mit Strukturen und Datenbanken auskennt. Sie finden Gerd Martens.

Organisieren, das hat Martens im Blut. Das hat er sein ganzes Berufsleben lang gemacht, lange Jahre für Karstadt. Der Job bei der Kaufhauskette führt den gebürtigen Berliner über Hannover, Kiel, Hamburg schließlich nach Nürnberg, wo er in Langwasser Organisationsleiter wird, sich später beruflich aber noch einmal umorientiert — und zur Datev wechselt.

Egal wo, Martens bringt sein großes Talent ein: sein Händchen für Strukturen und klare Konzepte. "Ein bisschen pedantisch bin ich", sagt der Rentner, der erst einmal alles zurechtrückt, wenn er an seinem Schreibtisch im Büro der Bürgerstiftung am Nordring Platz nimmt. Aufstellungen, Tabellen, das ist Martens’ Welt, ob er nun für seinen ehemaligen Arbeitgeber ein Warenwirtschaftssystem aus dem Boden stampft oder das "KulturTicket" der Bürgerstiftung mitentwickelt. Als Projektleiter, was er wiederum selbst nicht erwähnt, aber andere.

Gerd Martens bleibt bescheiden — und ehrlich, wenn er zugibt: Natürlich hat er sich in der Schule oder später als Elternbeirat freiwillig engagiert, mit dem Austritt aus dem Berufsleben 2005 will Martens durch ein Engagement aber auch einfach verhindern, in ein Loch zu fallen. Also packt der damals frischgebackene Rentner zum Beispiel bei der Fußball-Weltmeisterschaft an, bei der er für die Stadt Nürnberg nicht nur selbst als "Gastgeber" (Fußball-)Touristen Fragen beantwortet — sondern vorher schon andere "Gastgeber" aussucht.

Wenn etwas los ist, ist Martens dabei

Der Kontakt zur Stadt reißt nicht ab — und wenn etwas los ist, ist Gerd Martens künftig dabei. Im Wettkampfbüro oder beim Aufbau der Anlagen für die Leichtathletikweltmeisterschaften in den Jahren 2008 und 2015, seit zehn Jahren als Streckenposten bei Stadtläufen und Radrennen, als Wahlhelfer — oder als Unterstützer im Tiergarten während des Besucheransturms nach der Geburt von Flocke.

In solchen Fällen steht Martens also doch in Reihe eins. Glücklich ist der 77-Jährige, zu dessen Leidenschaften Segeln und klassische Musik zählen, aber immer vor allem dann, wenn er seine Stärken einbringen kann. Wie bei der Bürgerstiftung, wo er mit der Zeit einfach "mehr und mehr Aufgaben übernommen hat", erinnert sich Monika Gorbahn. "Weil er gar nicht anders kann."

Gerd Martens sagt ehrlich, dass ihn auch der Stellenwert in einer Gruppe und das "egoistische Gefühl, etwas wert zu sein", antreiben. Wenn er heuer aber im zweiten Jahr, zusammen mit seiner Frau, bei der Vesperkirche im Einsatz ist, dann auch "aus dem Wunsch und der Freude heraus, in einem Team Gutes für die Allgemeinheit zu tun". Also steht Martens im Eingangsbereich, begrüßt die Ankommenden, hält ihnen die Tür auf oder verabschiedet die, die wieder gehen. Oft sind es nur kurze Augenblicke, teilweise auch mit kurzen Gesprächen verbunden, bei denen aber "so viel Freude aufgrund der kurzen Zuwendung herüberkommt". Von wegen keine sozialen Komponenten . . .

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