Spiegelfabrik: Durchbruch für alternative Wohnform

16.10.2018, 21:00 Uhr
Spiegelfabrik: Durchbruch für alternative Wohnform

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Seit 2014 schon planen sozial engagierte Menschen auf dem Gelände der alten Spiegelfabrik, die zuletzt als Kunstquartier diente, eine innovative Wohnform für die Stadtgesellschaft. Jung und Alt, Arm und Reich, Behindert und Nichtbehindert, Heimisch und Fremd sollen gemeinsam zu neuer Lebensqualität finden. Kein leichtes Unternehmen, wie sich bald herausstellen sollte.

Der ursprüngliche Plan mit wenigen Wohneinheiten erwies sich als unbezahlbar. Zudem entdeckte der Denkmalschutz das alte Gemäuer und der Tierschutz ein darin brütendes Spatzenpaar. Das alles verlangte nach Problemlösungen, die sich nicht übers Knie brechen ließen. Doch die Kommune stärkte der Bauinitiative den Rücken und kaufte sich mit 220 000 Euro für ein rund 70 Quadratmeter großes Nachbarschaftsbüro an der Langen Straße in den Neubau ein.

In der "Alten Schmiede" dort, die als Reminiszenz an die Spiegelfabrik erhalten bleibt, sind eine Gemeinschaftswerkstatt und ein Bewohnertreff geplant. Das ist jedoch noch nicht alles. Brigitte Neumann aus dem dreiköpfigen Vorstand der eigens gegründeten Baugenossenschaft zählt auch das Carsharing-Konzept dazu.

In der Tiefgarage brauche man deshalb weniger Stellplätze als gewöhnlich. Dafür gebe es umso mehr Fahrradplätze. Neumann: "Wir schaffen viele Anreize, dass auf ein eigenes Auto verzichtet werden kann." Ein gemeinsamer Waschsalon, ein Blockheizkraftwerk und ein Gästezimmer gehören neben Gemeinschaftsgärten und einer Galerie zur Ausstattung des Baukörpers mit 5100 Quadratmetern Wohnfläche und 600 Quadratmetern Gemeinschaftsräumen.

In den 41 bis 171 Quadratmeter großen Wohnungen – ein Mix aus genossenschaftlichen Quartieren, Eigentumswohnungen und Wohngemeinschaften zur Miete – ist Platz für rund 120 Menschen. Sie sollen sich nach Lust und Laune, ihren Möglichkeiten entsprechend, in die Gemeinschaft einbringen können. Aktuell sind nur noch vier Wohnungen zu haben.

Betonpfähle kommen

Als reinste Zitterpartie für die Projekt-Initiatoren hat sich der von Pannen und Zwangspausen durchsetzte Abbruch erwiesen. Jetzt können sie aufatmen. "In dieser Woche beginnt die Bauvorbereitung", sagt Neumann. Ein Tiefbauunternehmen bohrt bis hinab zum Fels Löcher für die Betonpfähle, auf denen der Neubau ruhen wird. Notwendig ist das, weil der sandige Untergrund im Pegnitztal nicht genug Halt bietet. 2019 soll dann der Rohbau in Angriff genommen werden.

Sehr erleichtert ist die Vorstandsfrau, dass es aus allen Gewerken genug Bewerber um Bauaufträge gibt. In Zeiten der Hochkonjunktur am Bau sei dies durchaus keine Selbstverständlichkeit. Dass die Kosten auf dem gesamten Bausektor anziehen, gehört für Neumann zu den zwangsläufigen Begleiterscheinungen der guten Auftragslage. Auch die Spiegelfabrik muss damit kämpfen. "Es ist eine unglaubliche Herausforderung, unter diesen Umständen zu bauen", sagt die Vorstandsfrau. Um im Kostenrahmen zu bleiben, müsse man immer wieder Abstriche am ursprünglichen Konzept vornehmen. Doch die findigen Planer hätten bislang stets Lösungen gefunden.

Vorkämpferin für alternative Wohnformen in Fürth war die Arbeiterwohlfahrt, die 2011 im ehemaligen Kinderspital an der Theresienstraße Mietwohnungen für Menschen unterschiedlicher Herkunft, sozialer Schichten und Altersgruppen geschaffen hat.

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