Von A wie Arzt bis V wie Verkehr: Das haben Ulm und Büttner den Wählern versprochen

21.1.2020, 19:13 Uhr
Von A wie Arzt bis V wie Verkehr: Das haben Ulm und Büttner den Wählern versprochen

© Foto: Roland Huber

Den ersten und einzigen direkten Angriff auf den Amtsinhaber hob sich der Herausforderer bis zum Schluss auf: Er hätte sich in den vergangenen sechs Jahren von Landrat Hermann Ulm (CSU) mehr Impulse für die Kreispolitik gewünscht, sagte dessen SPD-Gegenkandidat Reiner Büttner beim NN-Forum im Ebermannstädter Hasenbergzentrum.

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Der Landrat, das sei in seinem Politikverständnis einer, der als Lokomotive die Kreispolitiker, die Gemeinden und deren politische Vertreter und auch die Bürger mit sich ziehen müsse. "Da geht es auch darum, in der Diskussion die besten Lösungen zu finden. Nicht darum, möglichst alles einstimmig auf den Weg zu bringen", kritisierte Büttner den Stil des Amtsinhabers.

Rund zwei Stunden diskutierten die beiden Landrats-Kandidaten unter der Moderation von NN-Redakteur Patrick Schroll vor rund 120 Gästen miteinander und machten bei den verschiedenen Themen ihre Standpunkte deutlich.

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Den stärksten Eindruck hinterließen sie immer dann, wenn sie konkret wurden. Etwa, wenn Reiner Büttner forderte, einen Monat lang kostenfreien ÖPNV auf Probe anzubieten. "Alle fragen sich, was dann passiert. Kriegen wir dann die Bustüren nicht mehr zu?", fragte er und verlangte: "Lassen Sie uns das doch einmal versuchen, dann können wir hinterher unsere Schlüsse daraus ziehen."

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Ähnlich nah dran am Publikum war Hermann Ulm, als er etwa darüber sprach, was es für ihn in der Praxis heiße, Kreispolitik zu gestalten. "Da geht es nicht darum, einen Beschluss zu fassen und zu warten, was dann passiert. Da musst’ kommen und reden, da musst’ den Leuten die Tür einrennen, Kontakte knüpfen, Bürger überzeugen."

Leben auf dem Dorf

Drei Projekte sollten die beiden Kandidaten anfangs nennen, die ihnen besonders wichtig sind. Die weitere Umsetzung der Klinikfusion Forchheim-Ebermannstadt war für den CSU-Amtsinhaber dabei das erste auf der Agenda. "Die zwei Häuser müssen zusammenwachsen, auch menschlich, da sind wir gerade erst am Anfang", sagte er. Punkt zwei sei für ihn das Thema Bildung. Das Paket der Schulsanierungen soll mit der Gräfenberger Realschule fortgesetzt werden. Punkt drei: die Förderung der dörflichen Infrastruktur. "Da geht es nicht nur ums Wohnen, sondern ums Leben und alt werden auf dem Dorf und damit um den Arzt, die Apotheke, den Laden und die Wirtschaft vor Ort."

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Für SPD-Kandidat Reiner Büttner stehen drei andere Punkte im Mittelpunkt: Zum ersten möchte er ein Verkehrskonzept erstellen und die Frage "Wie wollen wir uns in zehn Jahren bewegen" damit beantworten. Zum zweiten gehe es ihm darum, Arbeitsplätze vor Ort zu erhalten oder neu zu schaffen – nicht nur, aber auch, um den Pendler-Verkehr zu reduzieren. Zum dritten will er das Thema Wohnen landkreisweit denken und mit der Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft auf Landkreisebene Wohnraum auch für Mieter schaffen.

Was im Laufe des Abends immer wieder deutlich wurde: Bei der Entwicklung des Landkreises hängt vieles mit vielem zusammen und nicht überall hat der Landrat die Fäden in der Hand. Oft muss er die Bürgermeister mit ins Boot holen, sie überzeugen, sie unterstützen.

Thema Ärztemangel: Büttner würde mehr Medizinische Versorgungszentren (MVZ) schaffen, unter deren Dach mehrere angestellte Ärzte arbeiten könnten. "Wenn sich das vor Ort nicht umsetzen lässt, muss vielleicht auch der Landkreis als Förderer einspringen", erklärte er. Auch Ulm hält Ärztehäuser oder Gemeinschaftspraxen für die Zukunft, sieht aber die Weichen durch die Installation der "Gesundheitsregion plus" am Landratsamt gestellt.

Thema Verkehr: Büttner sprach sich vehement gegen die Ostspange und für eine kleine Lösung im Rahmen einer Umgehungsstraße für Gosberg aus. "Wenn wir weniger Verkehr wollen, dann ist es nicht sinnvoll, eine neue, zum Teil vierspurige Straße zu bauen." Es heiße noch lange nicht, dass diese Planungen des staatlichen Bauamtes auch umgesetzt werden, konterte Ulm. Auch er sei nicht für eine vierspurige Lösung mit einer neuen Trasse durch das Wiesenttal, sondern für eine Teilnutzung der bisherigen Trasse. "Dass der Widerstand gegen die bisherigen Planungen groß ist, weiß das staatliche Bauamt und wird sicher an Alternativen arbeiten", sagte er.

Schlechte Anbindung

Thema ÖPNV: Während der Amtsinhaber darauf hinwies, dass sich in Sachen Busverkehr im Landkreis schon viel getan habe und weiter tun werde (Stichwort Ausbau von zentralen Busbahnhöfen), will sein Herausforderer das Thema von unten her angehen. "Was wünschen sich die Leute?", will er im Rahmen seines Verkehrskonzeptes herausfinden. Dass sich da noch viel verbessern müsste, machte eine Zuhörerin deutlich, die anmerkte, dass es am Sonntag kaum möglich sei, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Streitberg zum Mittagessen zu fahren. "Da fährt alle vier Stunden ein Bus", sagte sie.

Thema Arbeitsplätze: Die Sicherung vor Ort liegt beiden Kandidaten am Herzen. Büttner hält dabei die Ansiedlung von Start-Ups – auch mit der Unterstützung der Wirtschaftsförderung am Landratsamt – für den richtigen Weg. Zusätzlich setzt er auf "geteilte" Büroarbeitsplätze. "Dann müssten manche vielleicht nicht mehr jeden Tag, sondern nur noch zweimal pro Woche pendeln." Ulm sieht die Zukunft vor allem darin, die Potenziale in den Ortskernen zu nutzen. "Es muss nicht immer das Industriegebiet am Rand sein." Auch in alten Scheunen oder Leerständen könnte so neues Leben einziehen. Aber das fordere ein hohes Engagement von allen Beteiligten: "Da müssen die Politiker vor Ort die Bürger überzeugen, dass es vielleicht besser ist, die Scheune nicht abzureißen, sondern zu sanieren." Auch Vorreiterprojekte wie das geplante Vier-Sterne-Hotel in Streitberg seien wichtig, um weiteres nach sich zu ziehen. "Wichtig ist, es muss sich einer aufmachen und dahinter klemmen", so Ulm.

Breitbandversorgung, Fachkräftemangel, Wirtshaussterben und Bauland waren weitere Themen, die Zuhörer aus dem Publikum ansprachen. "Es kann nicht sein, dass die Leute, die da bleiben wollen, vor Ort nicht bauen können", beschwerte sich eine Zuhörerin aus Oberzaunsbach. Auch hier setzten beide Kandidaten auf die Belebung der einzelnen Orte. "Die Ressourcen sind begrenzt, wir können nicht immerzu neue Baugebiete erschließen", sagte Büttner. Ulm appellierte an die Gemeinderäte "flexibler zu reagieren". Entscheiden können beide nichts in diesem Bereich. Die Planungshoheit liegt bei den Gemeinden. Ein Landrat kann höchstens vermitteln, unterstützen oder sensibilisieren.

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