17. Juli 1962: Freie Fahrt über den Schnellstraßen-Stern

17.7.2012, 06:00 Uhr
17. Juli 1962: Freie Fahrt über den Schnellstraßen-Stern

© Ulrich

Im innerstädtischen Verkehr wird schon bald das Bauwerk, das die Maximilianstraße mit der künftigen Schnellstraße Erlangen–Fürth–Nürnberg–Feucht verbindet, eine große Rolle spielen. Es ist das erste Werk der Schnellstraße. Die Fahnen der Stadt, des Landes und des Bundes wehten, ein rot-weißes Band spannte sich quer über die über 37 Meter breite Brücke, und zahlreiche Ehrengäste, mit dem bayerischen Innenminister Alfons Goppel, Bundestags- und Landtagsabgeordneten und Stadträten an der Spitze, umsäumten das Rednerpult.

Bevor der Bundesverkehrsminister das traditionelle Band durchschnitt, hatte es an lobenden Worte für alle am Bau der Brücke Beteiligten nicht gefehlt. Baureferent Stadtrat Heinz Schmeißner beschwor noch einmal den geschichtlichen Hintergrund der Schnellstraße herauf. Bereits 1924 hatte Professor Jansen, dessen Namen jetzt die Brücke trägt, zum erstenmal den Gedanken vorgebracht, den Ludwig-Donau-Main-Kanal in eine Autostraße umzuwandeln.

17. Juli 1962: Freie Fahrt über den Schnellstraßen-Stern

© Gerardi

Das Wesentliche der Brücke, so hob Schmeißner hervor, liegt darin, daß es sich nicht allein um die Beseitigung eines unzureichenden Bahnüberganges handelt, sondern daß hier am Schnittpunkt der künftigen Schnellstraße mit der Ringstraße ein Verkehrsknotenpunkt von besonderer Bedeutung geschaffen wurde. Er bezeichnete es als erfreulich, daß auch der heikle Punkt, nämlich die Auslegung des Kreuzungsgesetzes, bei diesem Bau durch eine faire Vereinbarung zwischen der Stadt und der Bundesbahn gelöst wurde.

Schon die Ausmaße der Brücke unterstreichen die Worte Schmeißners. Über 19 000 Tonnen Beton und 772 Tonnen Stahl wurden verarbeitet, 22 500 Kubikmeter Erde mußten bewegt werden. Die Gesamtkosten liegen bei fast zwölf Millionen Mark. Von der alten Tradition, im Mittelpunkt europäischer Verkehrslinien zu liegen, sprach Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter. Er verband damit gleich die Bitte an Minister Seebohm, die Autobahnlücke zwischen Höchstadt/Aisch und Würzburg bis 1964 zu schließen. Nürnberg selbst habe mit der neuen Jansenbrücke bewiesen, daß die Schnellstraße aus dem Stadium der Planung herausgetreten ist. Weitere Bauwerke werden noch folgen. (Stadtrat Schmeißner hatte verheißungsvoll angedeutet, daß noch in diesem Jahr fünf Brücken begonnen werden.)

Der Dank des OBM galt neben dem Bund auch dem bayerischen Staat, denn das gemeinsame Zusammenwirken lasse erkennen, daß „die soziale Verantwortung zur Beseitigung der Verkehrsnot“ von allen dreien – Bund, Land und Stadt – getragen werden muß. Die Kosten der gesamten Nürnberger Verkehrsplanung mit 1,2 Milliarden Mark können nicht von der Stadt allein aus Steuern und Krediten bestritten werden. Der Jansenbrücke wünschte Dr. Urschlechter eine friedvolle Zeit.

1970 im europäischen Verkehrsnetz

Auch der Bundesverkehrsminister gedachte Prof. Jansen, der den Grundgedanken gefaßt hatte, nach dem die heutigen Werke geschaffen werden können. Die drei großen Verkehrsträger, Bundesbahn, Straßenverkehr und Binnenschiffahrt werden Nürnberg bis 1970, so versprach er, in das große europäische Verkehrsnetz einbinden. Das Beispiel Nürnbergs zeige den Mut und das Vertrauen einer Stadt. Zuvor hatte Innenminister Goppel gleichfalls der Stadt und ihren Bürgern mutigen Entschluß bescheinigt, den „Schnellstraßen-Stern“ als ersten Abschnitt der Schnellstraße gebaut zu haben.

Sein Dank galt neben dem Bundesverkehrsminister für dessen verständnisvolle Haltung für bayerische Verkehrsfragen auch dem Bundesbahnpräsidenten Dr. Hugo Strößenreuther. Er sprach die Hoffnung aus, daß das Kreuzungsgesetz bald vom Bundestag verabschiedet werde. Und dann war es soweit: während von oben der Regen troff und unter der Brücke die Züge hindurchbrausten, durchschnitt der Bundesverkehrsminister das Band: „Hiermit gebe ich die Jansenbrücke für den Verkehr frei!“

Unter den Klängen der Polizeikapelle fuhr anschließend die lange Autokolonne über das neue Straßenstück und dann zum Rathaus, wo der Oberbürgermeister die beiden Minister offiziell empfing. Für die Nürnberger aber selbst hat das gestrige festliche Ereignis eine zweijährige Sperre zwischen der Fürther und Rothenburger Straße beseitigt. Sie haben jetzt die langerwartete Querverbindung vom Westen der Stadt nach dem Süden erhalten.

Aus den Nürnberger Nachrichten vom 17. Juli 1962

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