Äpfel und Zwetschgen frei zum Mundraub

23.8.2012, 10:30 Uhr
Äpfel und Zwetschgen frei zum Mundraub

© Roland Fengler

Zwei Äpfel hat Peter Strobl heuer schon abgezupft und mit Genuss verspeist. Die Zwetschgen dürften bald soweit sein und dem Reineclaudenbaum nähert er sich voller Vorfreude. Zuckersüß hängen die leuchtend gelb-violetten Früchtchen, auch bekannt als Ringlotten oder Ringlo, an den Zweigen.

Äpfel und Zwetschgen frei zum Mundraub

© Roland Fengler

Doch Peter Strobl nascht nicht im eigenen Garten, sondern auf der Eibacher Streuobstwiese, die der Bund Naturschutz betreut. „Hier stehen 90 Bäume: Kirschen, Birnen, Zwetschgen und etliche alte Apfelsorten wie der Berlepsch, die Goldparmäne oder der Boskop“, erzählt der Naturschützer und lässt sich eine weitere Reineclaude schmecken.

Äpfel und Zwetschgen frei zum Mundraub

© Roland Fengler

Sein BN-Mistreiter Helmut Haberstumpf packt die Gießkanne wieder aufs Fahrrad, mit der er einem kleinen Baumstämmchen einen kräftigen Schluck Wasser verschafft hat. Die Wiese um die Bäume ist braun verbrannt. Sie wird nur einmal im Jahr gemäht und dient den 70000 Bienen, die seit diesem Jahr ihr Zuhause in Eibach haben, als Futterquelle.

Bei den Apfelbäumen findet sich ein seltener Speierling, dessen überreife Früchte im Herbst dem Apfelmost für den herben Geschmack zugesetzt werden. Auch für den Obstbrand würde er sich eignen, aber da sind die benachbarten Schlehen auf der Streuobstwiese doch das bekanntere Brenngut. „Die Früchte werden erst nach dem ersten Frost am Strauch geerntet“, weiß Peter Strobl. Sie hängen tiefviolett an den Zweigen, können unreif wie Oliven eingelegt werden, reif zur Herstellung von Marmeladen, Säften, Fruchtweinen und als Zusatz zu Likör. Doch so viel Mühe machen sich nur noch wenige.

„Die meisten Passanten kommen zum Naschen vorbei, nur ein paar ernten fürs Marmeladekochen“, schätzt er. Solange sie keine Zweige abreißen, sind die Gäste gern gesehen. „Wenn sie eine Stehleiter mitbringen, mit der sie die Stämme nicht beschädigen, dann können sie auch die Früchte hoch oben im Baum pflücken.“ Und die zweite Streuobstwiese der Naturschützer in Kleingründlach trägt schon so viele Früchte, dass sich sogar das Mosten lohnt.

Herrenlose Bäume, die von jedermann abgeerntet werden dürfen, sind inzwischen auch im Internet zu finden. Die Seite www.mundraub.org listet bisher allerdings nur fünf Bäume im Stadtgebiet von Nürnberg auf.

Dort freut man sich über jede Mitteilung eines erntereifen Baumes, der dann auf einer Landkarte eingezeichnet wird. Denn was nicht geerntet wird, fällt herunter, verfault und lockt Insekten an.

Das ist auch einer der Gründe, warum die Stadt keine frei zugänglichen Obstbäume auf den öffentlichen Flächen und in den Parks pflanzen darf. „Es gibt Gerichtsurteile, die das verbieten“, erklärt Sör-Sprecherin Ulrike Goeken-Haidl.

Auch herabfallende Zweige sehen deutsche Richter als zu große Gefahr an. Außerdem seien die Bäume zu pflegeintensiv, schließlich müssen sie regelmäßig geschnitten werden, um ordentlich Früchte zu tragen. Daher werden Obstbäume von Sör nur an Schulen gepflanzt, wenn dazu eine flankierende pädagogische Begleitung sichergestellt ist. Garantiert ungespritzt, aromatisch und ganz umsonst – nicht nur wilde Obstbäume, sondern auch der Wald lädt zum Ernten ein. „Wir haben keine negativen Erfahrungen mit Beerensammlern“, so Horst-Dieter Fuhrmann vom Forstamt. „Die Sammler dürfen allerdings nur im ortsüblichen Umfang pflücken, nicht gewerblich! Und sie dürfen keine Hilfsgeräte wie Rechen verwenden.“

Vereinzelt stehen im Reichswald auch Obstbäume, allerdings nur verwilderte. „Die Früchte würde ich nicht essen, die können schon sehr sauer sein“, warnt Fuhrmann. Ganz im Gegensatz zu den Reineclauden, die sich Peter Strobl gern mit den Marmeladekochern in Eibach teilt.

Adressen der Wiesen beim Bund Naturschutz, 457606, am 6. Oktober findet das Streuobstwiesenfest in Kleingründlach von 10-16 Uhr statt.
 

1 Kommentar