Eichhörnchen-Reiter und buntes Glas

7.10.2011, 19:33 Uhr
Eichhörnchen-Reiter und buntes Glas

Die Idee zu diesen Künstlergräbern ist 2007 entstanden, als auf dem Westfriedhof die Ausstellung „Zugang“ zu sehen war, erzählt Friedhofsverwaltungschef Günther Gebhardt. Der damalige Ansatz, die Kunst auf den Friedhof zurückzuholen, findet nun seine Fortsetzung. Vier der sechs Bildhauer, die zu den Künstlergräbern Objekte beigesteuert haben, waren schon 2007 mit Werken bei der damaligen Schau vertreten: Michaela Biet, Meide Büdel, Hubertus Hess und Christian Rösner.

Rösner, dessen Werke häufig in immer wieder erstaunlichen Konstellationen um das Verhältnis zwischen Mensch und Tier kreisen, hat den vielen Eichhörnchen, die auf dem Westfriedhof leben, ein Denkmal gesetzt. Die Nager turnen auf seinem Grabstein herum; Rösner wollte sie jedoch nicht alleine lassen und hat daher auf den Eichhörnchen kleine Reiter in Menschengestalt angebracht.

Hoffnung spenden wollen die Objekte von Biet und Hess. Hess hat Stahl und Glas in Form einer Blüte angeordnet und mit einen schönen farblichen Kontrast versehen – das in Türkis gehaltene Glas hebt sich vom rostbraunen Stahl ab. Das von Biet gestaltete Grabmal spiegelt durch seine Linsenform die Unendlichkeit. Die Grenze zwischen Natur und Kunst verschwimmt dank der kreuzförmigen Bepflanzung auf dem Stein.

Der Grabstein, den Büdel beiträgt, ist 450 Kilogramm schwer – und bekommt dank zweier gebogener Stahlbänder dennoch eine besondere Dynamik. Die beiden Elemente scheinen Dieseits und Jenseits zu verbinden – „Übergang“, so eine Freundin Büdels, wäre ein schöner Titel für das Werk. Die Künstlerin kann da nur zustimmen.

Robert Scholz, genau wie Ruckdeschel im Vergleich zu 2007 neu im Team der Friedhofskünstler, stellt mit seinem Werk das traditionelle Verhältnis von Stein und Epitaph auf den Kopf – nun ruht der Marmor, in dem später der Name des Verstorbenen verewigt wird, auf Metall.

Die Ausstellung 2007 war vergänglich, die Künstlergräber sollen bleiben und als Erdgrabstätten genutzt werden. Die Preisspanne für die Objekte liegt zwischen 7000 und 10000 Euro, die Nutzungsgebühr für das Grab beträgt 1620 Euro für zehn Jahre; die Ruhestätten sind für zwei Särge und acht Urnen ausgelegt.

Damit liegt die Pacht etwas über den Summen, die für ein herkömmliches Familiengrab bezahlt werden müssen (zirka 1300 Euro). Gebhardt betont, dass potenzielle Käufer der Grabsteine akzeptieren müssten, dass diese in der jetzigen Anordnung auf dem Westfriedhof bleiben. Die sechs Künstler, erzählt Meide Büdel, hätten sich gemeinsam auf das Arrangement des Gräberfelds verständigt.

„Die Kunst war immer ein Teil der Bestattungskultur“, sagt Finanzreferent Harald Riedel, der angesichts der heftigen Regenschauer Humor beweist und nicht nur das neue Gräberfeld, sondern auch gleich den Herbst für offiziell eröffnet erklärt. Riedel ist als Kämmerer für die städtischen Friedhöfe zuständig.

Wie wichtig die individuelle Gestaltung eines Grabsteins für die Angehörigen sein kann, macht Riedel am Beispiel seiner eigenen Familiengeschichte deutlich. Als Riedels Vater 1990 starb, beauftragte die Familie Robert Scholz mit der Gestaltung der Ruhestätte.

Der markante Scholz-Stein, dessen Farbe sich im Lauf der Zeit verändert, habe für Riedels Familie eine enorme Bedeutung gewonnen: „Meine neunjährige Tochter hat über diesen Stein eine Beziehung zu ihrem Großvater aufgebaut, den sie persönlich nie kennenlernen konnte.“

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