Haftstrafe: Polizist schlug Gefesseltem ins Gesicht

12.10.2012, 08:36 Uhr
Wegen Körperverletzung im Amt wurde am Donnerstag ein 28 Jahre alter Polizist zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt.

© Eduard Weigert Wegen Körperverletzung im Amt wurde am Donnerstag ein 28 Jahre alter Polizist zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt.

Ein halbes Dutzend Polizisten war im Einsatz. Und keiner will etwas mitbekommen haben – bis auf einen Kollegen, der bei dem Vorfall unmittelbar neben dem Angeklagten stand. Er habe eine deutliche Aufwärtsbewegung mit der linken Hand wahrgenommen, sagte der 25-Jährige gestern vor Gericht.

Die Beamten waren am Abend des Ersten Weihnachtsfeiertages 2011 vor ein Lokal an der Katzwanger Straße gerufen worden, weil dort angeblich Randalierer Autos beschädigt hätten. Andi M. (Name geändert) hatte zwar nichts mit der Sachbeschädigung zu tun, regte sich aber lautstark über den Einsatz und den Autofahrer, der die Polizei gerufen hatte, auf.

Um die Situation in Ruhe klären zu können, entschlossen sich die Polizisten, den angetrunkenen und aggressiven Mann vorübergehend in Gewahrsam zu nehmen. Zu Dritt packten die Beamten ihn, drückten ihn auf die Motorhaube eines Polizeiautos und fesselten ihn mit Handschellen. Der 31-Jährige wollte sich das nicht gefallen lassen, zappelte wild herum und schrie laut.

Nach Aussagen des 25-jährigen Polizisten kam dann der Angeklagte hinzu, drängte ihn zur Seite und sagte sinngemäß „es reicht jetzt“, zu dem Gefesselten. Dann habe er die Aufwärtsbewegungen der Hand beobachtet und Treffer im Gesicht wahrgenommen, so der Beamte. Auch erinnerte er sich, dass Andi M. nach dem Vorfall Nasenbluten hatte. Drei weitere Polizisten, die an der Gewahrsamnahme beteiligt waren, behaupteten dagegen nichts gesehen zu haben.

Der Geschädigte kippte auf der Polizeiwache um

Der Geschädigte selbst weiß noch, dass er einen harten Schlag ins Gesicht bekam. Er habe starke Kopfschmerzen gehabt. Auf der Polizeiwache kippte er um, die Polizisten verständigten den Rettungsdienst. Ein Arzt stellte später eine Schädelprellung fest. Der Angeklagte und sein Verteidiger forderten Freispruch. Er habe mit einem Griff an den Unterkiefer den tobenden Mann fixieren wollen. Dabei sei er abgerutscht.

Staatsanwalt und Richter glaubten nicht, dass die Verletzungen bei Andi M. von diesem „Abrutschen“ kamen. Sie sahen es als erwiesen an, dass der Polizeibeamte die Kontrolle über sich verloren hat. Staatsanwalt Markus Bader forderte eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe mit Bewährung und 300 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Richter Bernd Kirchhof hielt die Version des Angeklagten für ein Märchen. Er sah keine Möglichkeit für eine Bewährungsstrafe und verurteilte den 28-Jährigen zu eineinhalb Jahren Gefängnis.

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