Kampf gegen Fahrraddiebe

3.10.2012, 10:00 Uhr
Immer mehr Fahrräder fallen in Nürnberg Dieben zum Opfer.

© Erich Malter Immer mehr Fahrräder fallen in Nürnberg Dieben zum Opfer.

Ob Gärten oder Hinterhöfe, ob Kellerabteile oder mitten in der Öffentlichkeit: Fahrraddiebe schlagen inzwischen überall ungeniert zu. Gut 1600 Fahrräder verschwanden 2010, ein Jahr später waren es schon 2275. Die Schwerpunkte liegen im Innenstadtbereich, berichtete gestern Hermann Guth, Chef des Abschnitts Mitte im Polizeipräsidium.

Im Fokus stehen hochwertige Fahrräder, die sich schnell in bare Münze umsetzen lassen. Die meisten Beutestücke werden in Deutschland an den Mann gebracht, ein Teil wandert auch ins Ausland – via eBay, im Postversand oder im Kleintransporter ausländischer Banden, die zum Teil sehr gut organisiert sind. In einem Fall wanderte ein am Hauptbahnhof gestohlenes Rad binnen eines Tages durch fünf Hände, so Guth. Und immer wieder tauchen gestohlene Räder auf der Automeile in St. Leonhard/Sündersbühl als Hehlerware auf.

Seit geraumer Zeit steuert die Polizei nun mit Intensivmaßnahmen gegen. Streifenbeamte wurden sensibilisiert, Zivilkräfte auf beliebte Tatortbereiche angesetzt und Beamte aus geschlossenen Einheiten zur Verstärkung herangezogen. Die Aktionen orientieren sich „an Auffälligkeiten“, formuliert Guth zurückhaltend. Zudem wurde die Sachbearbeitung zentralisiert und auf die Täter ausgerichtet. Der Erfolg: 153 Festnahmen zwischen Anfang Juli und Ende September.

Vier von fünf Dieben brauchen Bares für Drogen

Die überraschende Erkenntnis: Zwischen 70 und 80 Prozent der Fahrraddiebe entstammen dem Drogenmilieu, nicht wenige sind langjährige Drogenkonsumenten. Aus dem Verkauf der Beute bestreiten sie ihren Lebensunterhalt, so Guth – und vermutlich ihren Drogenkonsum. Wohl deshalb hilft den Ermittlern immer wieder der Zufall. Zum Beispiel wenn ein Drogenkonsument mit verbotenen Substanzen erwischt worden ist. Bei der regelmäßig folgenden Wohnungsdurchsuchung finden sich mitunter zahlreiche gestohlene Räder oder hochwertige Fahrradteile, die zum Verkauf bestimmt sind.

Die meisten der bislang festgestellten Raddiebe sind zwischen 20 und 25 Jahre alt. Lediglich sechsmal wurden Frauen erwischt. Der älteste Dieb war 65 Jahre alt, der jüngste gerade einmal zehn.

Viele Raddiebstähle ließen sich verhindern. Wenn die Besitzer der immer wertvolleren Drahtesel ihr teures Gut codieren lassen würden (siehe Beitrag rechts). Und wenn jedes Rad mit einem vernünftigen Schloss gesichert würde – sowohl beim Parken in der Öffentlichkeit als auch beim Abstellen im heimischen Hinterhof bzw. Garten (siehe Beitrag links). Dabei sollte man auch Räder und Sattel sichern sowie Schnellverschlüsse austauschen, rät Polizei-Experte Gerhard Schiffer. Der Handel bietet spezielle Radnaben oder codierte Muttern, die sich nur mit einem Spezialschlüssel abdrehen lassen.

Aber auch die um sich greifende Wegschau-Mentalität macht es den Dieben sehr leicht. Schiffer berichtet von einem Fall, in dem er gebeten worden war, das Schloss eines Fahrrades legal zu knacken, weil der Eigentümer den Schlüssel verloren hatte. Das Rad stand hinter der Lorenzkirche und der Polizist in Zivil legte am helllichten Tag im Angesicht zahlreicher Passanten den Seitenschneider an. „Da hat kein Einziger auch nur gezuckt“, sagt Schiffer. Und ist selbst noch immer verblüfft.

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