Schwere Zeiten für WG-Muffel

12.1.2010, 00:00 Uhr
Schwere Zeiten für WG-Muffel

© Sippel

Joachim Gollwitzer, der Geschäftsführer des Studentenwerks Erlangen-Nürnberg, klingt überraschend entspannt. Natürlich seien die Plätze in den Wohnheimen – rund 3500 sind es insgesamt – zu Beginn des Semesters immer relativ schnell weg. So mancher Bewerber müsse schon mal eine Wartezeit in Kauf nehmen und sich vorerst eine andere Bleibe suchen. «Aber in Nürnberg kommt jeder unter. Wir haben die Lage im Griff.» In Erlangen oder Ingolstadt sehe es schon schlechter aus.

Freilich beschäftigt auch das Studentenwerk die Frage, was wird, wenn bald schon ein doppelter Abi-Jahrgang an die Hochschulen strebt. «Über die Situation im Jahr 2011 sind wir derzeit heftig am Nachdenken», sagt Gollwitzer. «Wir überlegen, was wir am besten machen können. Es geht nicht, für einen ganzen Doppeljahrgang neu zu bauen. Schließlich weiß niemand, ob sechs Jahre später überhaupt noch so viele Plätze gebraucht werden.» Deshalb ziehe das Studentenwerk in Erwägung, leerstehende Objekte als Generalmieter zu übernehmen und an Studenten weiterzuvermieten. «Dafür eignet sich allerdings nicht jedes Gebäude. Wenn erst große Umbaumaßnahmen nötig sind, wird es zu teuer.» In Erlangen könnte eventuell ein Schwesternheim zum Studentenheim werden, in Nürnberg ein Hotel. «Jedenfalls wird niemand das Wintersemester 2011/12 auf dem Campingplatz verbringen müssen.»

Wer keinen Platz im Wohnheim bekommt, muss sich auf dem freien Markt umsehen. Da etwas Bezahlbares zu finden, ist nicht leicht. Schon gar nicht für die Studenten, die ungern Bad und Küche mit anderen teilen. Wer keinen dicken Geldbeutel hat, braucht Geduld – und im schlimmsten Fall ein dickes Fell.

Die wenigsten Studenten wohnen alleine

«Wenn man preiswert wohnen möchte, kann es schon vorkommen, dass man in einer Bruchbude hausen muss», sagt Lorenz Hartung vom Allgemeinen StudentInnen-Ausschuss der Ohm-Hochschule. «Die wenigsten Studenten wohnen deshalb alleine. Das ist einfach zu teuer.»

Er habe die Erfahrung gemacht, dass auf dem Mietwohnungsmarkt für Studenten fast gar nichts da ist, sagt Philipp Schneider von der Erlanger Bauträger- und Immobiliengesellschaft Sontowski und Partner. «Schon jetzt ist die Situation sehr angespannt. Im Jahr 2011 wird die Lage erst richtig ernst.» Wenn überhaupt noch etwas gehe, dann «im klassischen WG-Bereich».

Noch angespannter als in Nürnberg sei die Situation in Erlangen. «In Erlangen gibt es gar nichts», sagt Schneider. Die Firma Sontowski und Partner hat mit dem Campus Sebald an der Laufer Gasse in Nürnberg 30 neue Studentenappartments geschaffen. Alle sind freilich längst verkauft – 80 Prozent an Kapitalanleger, 20 Prozent an Eltern, die ihren Kindern eine schicke Bleibe in Bestlage finanzieren können. Und natürlich sind schon alle Wohnungen vermietet. «Es gibt lange Wartelisten», sagt Schneider. Für Investoren seien Studentenwohnungen eine sichere Anlage. Probleme mit den Mieteinnahmen gebe es kaum. «Dafür stehen in den meisten Fällen die Eltern gerade.»

Rainer Ott, Vorstand der Ott Immobilien AG in Schlüsselfeld, ist seit 1991 auf den Kauf und Verkauf von Studenten-Immobilien spezialisiert und kennt auch den Markt in Nürnberg gut. «Wir haben zunächst einmal in ganz Deutschland das Problem, dass es zu wenig bezahlbare kleine Wohnungen gibt», sagt er. «Dieses Phänomen trifft vor allem auf die Studenten-Städte in den alten Bundesländern zu.»

Studentenwohnungen würden dringend benötigt, weil der Bedarf weiter steige. «Die Bundesregierung will in Bildung investieren und Anreize schaffen, dass mehr Leute studieren. Aber dadurch wächst eben auch die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum.» Nach Otts Ansicht wird auf diesem Sektor eindeutig zu wenig gebaut. Sein aktuelles Objekt in Nürnberg, «MyStartHome» in der Zerzabelshofstraße, verkaufe sich sehr gut. Auch hier gebe es schon Wartelisten.

Aber nicht nur für Studenten werde es künftig schwer, eine Unterkunft zu finden. «Es wird in Deutschland insgesamt zu wenig gebaut. Wir steuern auf eine richtige Wohnungsnot zu.» Der Bedarf an kleinen Wohnungen steige. Weil die Menschen immer älter würden, und die Zahl der Single-Haushalte zunehme. Gerade Nürnberg sei «für Investoren ein hochinteressantes Pflaster», sagt Ott. «Die Preise für Immobilien sind im Vergleich zu München noch relativ niedrig. Außerdem bietet die Stadt eine gute Infrastruktur und eine hohe Lebensqualität.»

Keine Kommentare