Abwehrchaos sorgte für Ernüchterung

22.11.2010, 08:05 Uhr
Abwehrchaos sorgte für Ernüchterung

© Sportfoto Zink

Das Wunder blieb aus, die „Roten Teufel“ siegten 3:1 in der Noris. Der 20. November 2010 war einfach nicht der Tag für Nürnberger Heldentaten.

Er hatte ja auch denkbar schlecht begonnen, klingelte es doch bereits nach rund 200 Sekunden erstmals im Kasten von Torhüter Raphael Schäfer. Nach einer guten halben Stunde war die Partie nach schön herausgespielten Treffern des kroatischen Offensivtrios Stiven Rivic (3.), Ivo Ilicevic (12.) und Srdjan Lakic (33.) im Grunde entschieden. Das erste Bundesliga-Tor von Joker Robert Mak (67.) brachte den Club zwar zurück ins Spiel und leitete eine furiose Schlussoffensive ein, doch an diesem trüben Nachmittag war der Fußballgott nicht auf Seiten der Franken. Die ersatzgeschwächte Truppe von Trainer Dieter Hecking konnte nach dem Platzverweis von Thanos Petsos (78.) aus ihrer numerischen Überlegenheit kein Kapital schlagen und vergab einige hochkarätige Chancen. Zu allem Überfluss hämmerte Kapitän Andreas Wolf in der 82. Minute auch noch einen Elfmeter an die Querlatte.

Auch Judt musste kurzfristig passen

Das Unheil nahm schon lange vor dem Anpfiff seinen Lauf. Neben dem gesperrten Javier Pinola und dem angeschlagenen Per Nilsson fiel auch noch Juri Judt wegen einer Oberschenkelzerrung aus, so dass vom angestammten Abwehrpersonal nur Kapitän Andreas Wolf auflaufen konnte. Neben Pascal Bieler und Dominic Maroh rückte auch Dario Vidosic als rechter Verteidiger in die Anfangsformation. Doch die gelernte Offensivkraft war auf der ungewohnten Position restlos überfordert. „Eine Fehleinschätzung von mir, das nehme ich auf meine Kappe“, nahm Hecking den Australier, den er nach 40 Minuten erlöste und durch Bundesliga-Debütant Philipp Wollscheid ersetzte, aus der Schusslinie. Nach der Pause verteidigte Wolf auf der rechten Seite.

Fast überfallartig trugen die Gäste ihre Angriffe vor. Sie störten früh, überzeugten mit kluger Raumaufteilung, Lauffreude und Einsatzbereitschaft. Bei jedem Angriff brannte es lichterloh im Strafraum. Alle drei Tore entstanden aus mustergültigen Kombinationen, bei denen die Club-Abwehrspieler zu Statisten degradiert wurden. Vor dem 0:1 kam der Ex-Fürther Ilicevic nach Doppelpass mit Jan Moravek am Strafraum unbedrängt zum Schuss. Schäfer konnte zwar abwehren, doch den Abpraller verwertete der von Vidosic sträflich vernachlässigte Rivic abgeklärt. In der zwölften Minute war Ilicevic per Kopf aus zehn Metern zur Stelle, nachdem Rivic zuvor Vidosic erneut düpiert und von links aufgelegt hatte. Für den frühzeitigen K.o. der Franken sorgte schließlich Lakic, per Kopfball vom Elfmeterpunkt – diesmal nach Vorarbeit von Ilicevic über die rechte Seite.

Vor der Pause kam der Club überhaupt nicht auf Touren. „Was wir da abgeliefert haben, war das Schlechteste überhaupt in dieser Saison“, gab Mittelfeldspieler Jens Hegeler zu. Der Hintermannschaft alleine wollte Hecking die Schuld nicht in die Schuhe schieben: „Die komplette Mannschaft hat nicht funktioniert. Wir haben den Gegner nicht richtig bekämpft.“ Alle Offensivbemühungen waren zunächst geprägt von Nervosität und mangelnder Präzision, Kombinationsspiel fand überhaupt nicht statt. Die einzigen echten Torchancen vergab Mike Frantz, der freistehend zu schwach köpfte (31.) und dann knapp am langen Eck vorbeischoss (36.).

Joker Mak traf und brachte Club zurück ins Spiel

Auch nach dem Seitenwechsel präsentierte sich die Club-Abwehr vogelwild. Nach einem leichtfertigen Ballverlust von Mehmet Ekici konnte Schäfer gegen den durchgebrochenen Moravek in höchster Not retten. Nichts deutete zunächst darauf hin, dass es noch einmal spannend werden könnte. Erst der eingewechselte Mak ließ Hoffnung aufkeimen. Nach schönem Solo erzielte der Slowake aus 20 Metern das 1:3. Nun ging ein Ruck durch die Club-Elf, die alles nach vorne warf und die Lauterer plötzlich in arge Verlegenheit stürzte. Julian Schiebers Kopfball konnte FCK-Torwart Tobias Sippel nur mit Mühe parieren (75.). Nachdem Petsos nach einer Attacke gegen Wolf Rot gesehen hatte, verstärkte sich der Druck. Auch nach der vergebenen Elfmeterchance steckte der FCN nicht auf. „Da mussten wir noch einige knifflige Situationen überstehen, die wir uns gerne erspart hätten“, gab der frühere Club-Profi Kurz zu. „Mit etwas Glück hätten wir das Spiel noch drehen können“, sinnierte Hecking, stellte aber auch klar: „Nach dieser schwachen ersten Halbzeit wäre ein Unentschieden unverdient gewesen.“

Die bislang komfortable Ausgangsposition gerät ins Wanken, denn die letzten vier Punktspiele vor Weihnachten haben es in sich: Mit Mainz, Dortmund, Hoffenheim und Hannover bekommt es der Club mit vier Gegnern zu tun, die momentan ganz vorne mitmischen. Da kann man nur hoffen, dass Nilsson und Judt bald zurückkehren – und mit ihnen die Sicherheit und das Selbstbewusstsein aus den Wochen vor dem Derby in München.

Nürnberg: Schäfer – Vidosic (40. Wollscheid), Maroh, Wolf, Bieler (81. Eigler) – Simons, Gündogan – Hegeler, Ekici (63. Mak), Frantz – Schieber / Kaiserslautern: Sippel – Kirch, Amedick, Abel, Bugera – Petsos – Ilicevic (81. Bilek), Tiffert, Moravek, Rivic (90.+2 De Wit) – Lakic (85. Nemec) / SR: Welz (Wiesbaden) / Tore: 0:1 Rivic (4.), 0:2 Ilicevic (12.), 0:3 Lakic (33.), 1:3 Mak (67.) / Zuschauer: 40711 / Gelbe Karten: – Bugera, Abel, Tiffert / Rote Karte: Petsos wegen groben Foulspiels (78.) / Besonderes Vorkommnis: Wolf schießt Foulelfmeter an die Latte (82.).

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