Algen sollen wertvolle Rohstoffe fangen

2.2.2015, 17:00 Uhr
Algen sollen wertvolle Rohstoffe fangen

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Genau genommen stimmt der Name „Seltene Erden“ hinten und vorne nicht. Denn das seltenste Mitglied der Gruppe, das Thulium, kommt weitaus häufiger vor als zum Beispiel Gold oder Platin.

Und der Name „Erden“ stammt noch aus einer Zeit, als diese chemischen Elemente nur in Mineralien gefunden und aus diesen in Form ihrer Oxide – früher „Erden“ genannt – isoliert wurden. Rein chemisch betrachtet sind sie alle Metalle, und sie tragen Namen wie Scandium, Cer, Praseodym oder Samarium.

Gleichwohl sind die „Metalle der Seltenen Erden“, so ihr korrekter Name, für viele moderne Technologien unersetzlich. Man braucht sie für die Produktion von Flachbildschirmen und Akkus ebenso wie für Windkrafträder und Solaranlagen. Oder anders: Ohne Seltene Erden ist die Energiewende nicht machbar.

Andererseits haben diese Metalle einen ganz großen Haken: Sie kommen fast ausschließlich in China vor, und ihre Gewinnung ist technisch äußerst aufwendig. Kein Wunder also, dass die Industrie händeringend nach Wegen sucht, Seltene Erden möglichst kostengünstig und umweltschonend zu recyceln.

Einen Ansatz dazu entwickeln Wissenschaftler des Erlanger Lehrstuhls für Bioverfahrenstechnik unter der Leitung von Prof. Rainer Buchholz: Sie wollen Seltene Erden aus industriellem Abwasser zurückgewinnen, das beispielsweise aus Abraumhalden von Bergbauaktivitäten stammt.

Buchholz und sein Team experimentieren bereits seit zehn Jahren mit verschiedenen Typen von Mikroalgen. „Solche Algen sind ein äußerst vielversprechendes Forschungsobjekt“, sagt Buchholz. „Ob für die Gewinnung von Rohstoffen oder die bessere Nutzung von Sonnenenergie – als Bioverfahrensingenieure versuchen wir, die hervorragenden Eigenschaften von Mikroalgen für die Gesellschaft nutzbar zu machen.“ Das Spektrum der möglichen Anwendungen reicht von der Medizin bis zur Nahrungsgewinnung.

Bei den diversen Versuchen am Lehrstuhl von Buchholz zeigte sich zum Beispiel auch, dass sich Metallionen aus verdünnten Lösungen hervorragend an der Oberfläche von Mikroalgen andocken lassen. Aus dieser Beobachtung wollen die Forscher nun ein neues Verfahren machen: Die Mikroalgen sollen ganz gezielt Seltene Erden einfangen.

Die Methode grundsätzlich gibt es bereits, allerdings funktioniert sie bisher nur mit Bakterien. Der Vorteil von Algen: Sie können im Vergleich zu bakteriellen Systemen weitaus kostengünstiger hergestellt werden, weil sie keine hohen Ansprüche an Umfeld und Ernährung stellen. „Erste Ergebnisse zeigen sogar, dass die Metallbindung auch mit abgestorbenen Algen funktioniert“, sagt Buchholz, „das macht einen unkomplizierten Einsatz in der Praxis möglich.“

Gefördert wird das Projekt übrigens mit 380 000 Euro vom bayerischen Umweltministerium. Schließlich ist Bayern das Bundesland mit den meisten Unternehmen aus der Chemie, der metallverarbeitenden Industrie und der Spezialtechnologie, die alle auch im Sektor der erneuerbaren Energien aktiv sind.

„Wir brauchen eine Rohstoffwende“, sagt Umweltministerin Ulrike Scharf. „Die Abfälle von heute sind die Rohstoffe von morgen. Wir wollen den Einsatz neuer Rohstoffe verringern und wertvolle Rohstoffe bestmöglich zurückgewinnen.“

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