Ein Laden als Zeitreisebüro - Jules Verne taucht wieder auf

19.2.2010, 00:00 Uhr
Ein Laden als Zeitreisebüro - Jules Verne taucht wieder auf

© Fengler

Glaubt man dem Ladenbesitzer Carsten Klembt, dann wird Steampunk der nächste große Trend. Wie bei Lebensmitteln und in der Mode eine neue Bio-Welle angerollt ist, so soll auch bei Deko-Objekten und Gebrauchsgegenständen eine Rückbesinnung auf Nachhaltiges und Hochwertiges kommen. «Wir wollen raus aus der Plastik-Welt und setzen auf Materialien wie Holz, Eisen und Leder», erklärt Klembt.

Ästhetisches Vorbild ist die frühindustrielle Zeit, die Steampunk-Fans orientieren sich aber auch an Werken wie dem aktuellen Sherlock-Holmes-Streifen, dem «Kabinett des Doktor Parnassus» oder Jules Vernes Klassiker «20 000 Meilen unter dem Meer».

Vom Tiefseetauchen hat sich einst auch die Feuerwehr inspirieren lassen, wie die Rauch-Helme im neu eröffneten Nürnberger Laden zeigen. Die Metallhauben sind durch einen Schlauch mit einem Blasebalg aus Holz verbunden. «Beim Einsatz in einem brennenden Haus stand dann draußen ein Kollege mit dem Blasebalg und hat Atemluft gepumpt», erzählt Carsten Klembt. «Leider war der Lederkragen oft nicht ganz dicht, deshalb kam nicht jeder Feuerwehrmann zurück.» Er stellt klar, dass nicht etwa die moderne Technologie verteufelt und die alte glorifiziert werden soll: «Es geht vor allem um das Design, das Material und die Liebe zum Detail.»

Neben den schweren Helmen finden sich im Laden auch Gegenstände wie aus einem Kuriositäten-Kabinett. Zum Beispiel ein Metall-Schädel mit Gebiss. Einst war dies ein Übungs-Objekt für angehende Zahnärzte, es erinnert aber eher an den Film Terminator. Doch dann stehen auch Geräte herum, die eine Gemütlichkeit ausstrahlen wie Holztruhen auf dem Speicher. Zum Beispiel Musikgeräte mit Röhrentechnik. Oder ein Koffer mit der Ausrüstung für eine Licht-Therapie, inklusive bunte Glühbirnen. Reine Quacksalberei, aber harmlos. In der Anwendung dann schon weniger gemütlich: Apparate für die Reizstrom-Therapie. «Vielleicht das erste Wellness-Gerät», scherzt Carsten Klembt: «Im Zuge der damaligen Technik-Begeisterung wollte man den Strom auch zur Heilung einsetzen. Leichte Schläge von 15 bis 20 Volt sollten zum Beispiel gegen Verkrampftheit helfen.»

Ganz unverkrampft gehen die Fans von heute mit den historischen Objekten um, wie es der Begriff Steampunk nahelegt. Das englische Wort «Steam» (Dampf) verweist auf die alte Technologie, und «Punk» steht laut Klembt für «den Brückenschlag in die heutige Zeit, aber auch für das Recycling-Element». Zwar sind die meisten Schätze in seinem Steampunk Cabinet für Sammler oder als Deko-Objekte gedacht – aber verstauben sollen sie nicht: «Das ist hier keine Antiquitäten-Handlung. Die Käufer sollen nicht in stiller Anbetung verharren, sondern die Sachen auch nutzen!»

Wer keine Lust hat, mit schweren Feuerwehrhelmen herumzulaufen, kann sich auf das neue Sortiment freuen: Bald bekommt Carsten Klembt Gebrauchsgegenstände wie etwa Uhren oder Audiogeräte, die ganz neu gefertigt sind – aber das Design der viktorianischen Zeit aufgreifen.

Schon seit 30 Jahren sammelt der ehemalige Unternehmens- und Einkaufsberater seine Kultobjekte. Seit ungefähr 20 Jahren geistert der Begriff Steampunk durch den Untergrund, zunächst vor allem als Literaturbezeichnung. Seit einigen Tagen wird nun die erste Steampunk-Weltausstellung in Oxford präsentiert – und Nürnberg hat Deutschlands ersten Laden. Jetzt kann der Trend kommen.

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