Fränkische Volksmusik in Blue Jeans

17.7.2007, 00:00 Uhr
Fränkische Volksmusik in Blue Jeans

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Fast dreißig Jahre ist es inzwischen her, dass Charly Fischer und sein Kompagnon Johnny Hechtel mit ein paar Kumpels die Frankenbänd aus der Taufe gehoben haben. Angefangen hat alles im Umfeld des Komm, des ehemaligen selbstverwalteten «Kommunikations- und Kulturzentrums» am Königstor, heute die Heimat des Künstlerhauses K 4. Als sich zu Beginn der 1980er Jahre viele Musiker vom amerikanischen Folk begeistern ließen, kam dem Musikethnologen Fischer die Idee, sich mit der deutschen, genauer gesagt, der fränkischen «folk music» zu beschäftigen, sprich mit der Volksmusik. Doch in der Marianne-und-Michael-Ecke wollten Fischer und seine Kollegen auf keinen Fall stehen - und das durfte man auch ruhig sehen: «Bei uns gab es und gibt es keinerlei Uniformierungszwang, wie es oft in Trachtenkapellen der Fall ist. Bei uns wurde damals schon getragen, was man eben sowieso anhat: Jeans!»

Die Achtziger sind vorbei, der politische Sturm und Drang ist abgeflaut, die Jeanshosen sind geblieben. Die Mischung, aus der sich die Frankenbänd musikalisch speist, formuliert Fischer so: «Wir spielen traditionelle fränkische Lieder. Wir verändern aber auch traditionelle Stücke, wir parodieren bekannte Songs mit eigenen Texten und machen selbstverständlich auch völlig eigene Stücke.» Das klingt nach einem vollen Programm. Und in der Tat waren die Frankenbändler fleißig: sieben Alben von 1985 bis 2005 können sich sehen lassen. Vorvergangenes Jahr legten sie mit «Morgenrot» einen ordentlichen Querschnitt durch das moderne Leben in der Noris ab: Da geht es um das Großstadtleben mit Dönerspieß, Sandlern und Handy-Gebimmel in der Sonntagsmesse. Zwischendurch schimmert aber immer auch das «alte» Franken durch, personifiziert durch den «Bou, der affs Fenstern gäiht zum Müllermadla» und den Schmied, der im Hinterhof die Rösser neu beschlägt.

Eine Klammer gibt es, die dieses breite Spektrum von Themen zusammenhält: den fränkischen Dialekt, der sei für die Musik der Frankenbänd «unabdingbar». Im NZ-Gespräch sagt Lead-Sänger Charly Fischer: «Ohne den Dialekt gehts net.» Fischer ist in der Lorenzer Altstadt aufgewachsen, die fränkische Mundart war allgegenwärtig. Viele der früher geläufigen Begriffe seien inzwischen verloren gegangen, bedauert Fischer. Trotzdem sei unsere Mundart als solche quicklebendig. Gerade feilt die Frankenbänd an einem Lied über den 1. FCN - und völlig unerwartet ist gerade der Fußball ein Feld, das für Mundartforscher und Hobby-Linguisten noch ein großes Betätigungsfeld böte. «In diesem Bereich gibt es eine Menge Begriffe, für die es im Hochdeutschen keinerlei Entsprechungen gibt», freut sich Fischer. «Schwanzen zum Beispiel, oder schnibbeln - oder das Gamberla!» Frühestens 2008 wird die neue CD erscheinen, auf der neben dem Lied über den Club auch ein hintergründiges Stück über eine

fränkische Lieblingsbeschäftigung zu finden sein wird: über das Jammern! «Der Franke jammert doch besonders gern», weiß Fischer.

Jammer-Bedürfnis hat stark nachgelassen

Allerdings habe sich das fränkische Selbstverständnis und -bewusstsein gerade in den vergangenen Monaten entscheidend verändert: ein unerwartet erfolgreicher Fußballverein, ein wohl bald schon fränkischer Ministerpräsident - all das trage dazu bei, dass das Bedürfnis zum Jammern an sich etwas nachgelassen habe. «Aber a bisslä subversiv simmer trotzdem noch», sagt Fischer und grinst breit. Außerdem würde intelligente Komik in fränkischer Mundart dazu beitragen, dass die Region auch bundesweit Sympathiepunkte einheimsen könne - Urban Priol und Erwin Pelzig sei Dank.

Die Welle der Zuneigung schwappt der Frankenbänd immer öfter aus fernem Gewässer entgegen: Engagements in Oberammergau, CD-Versand nach Australien, Fanpost aus den USA. Und daheim in der Region freut sich das Ensemble über eine «nachwachsende» Fangemeinde, obwohl die traditionelle Musik eher ältere Menschen anspreche. Mit erstauntem Augenreiben quittierte der Vater von drei Kindern das, was jugendliche Fans alles beim Videoportal «Youtube» hochgeladen hatten.

Für Fischer ist das ein Zeichen, dass die Gruppe ihr Ziel erreicht, «Musik für die Leut» zu machen. «Unsere Musik soll keine Brauchtumsveranstaltung sein», sagt Fischer. «Wir machen das, was tatsächlich um uns herum stattfindet. Wir beobachten viel, was so in unserer Umgebung stattfindet. Und das ist eben nicht nur die schöne, heile Welt.»

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