4. Juni 1966: "Jolli" – der Liebling

4.6.2016, 07:00 Uhr
4. Juni 1966:

© Ulrich

Der Spaß bei der Vorstellung des Nachwuchses in den Gehegen am Schmausenbuck wurde noch erhöht, als ein vier Tage altes Springböckchen zum Stelldichein hinzukam und bei der Flaschenfütterung sabberte.

Das zittrige und noch unproportionierte Junge, dessen Mutter keine Milch hat, hinterließ die weißen Kleckse auf dem hellgrauen Rockaufschlag von Bürgermeister Franz Haas, der immer wieder bei derartigen Gelegenheiten begossen wird, so daß die Tiergartenverwaltung bereits die Anschaffung eines Lätzchens plant. Als er dem kleinen Kerl die Flasche gereicht hatte ("Er trinkt wie ein guter Bayer aus dem Maßkrug!") und dann die Bescherung sah, meinte der Bürgermeister: "Eigentlich hätte ich die Übung von daheim mitkriegen müssen, denn meine Mutter war Hebamme!"

Große Sprünge

Aber was bedeuten schon die Flecken gegenüber der Freude an den vierbeinigen Nachkömmlingen in den Gehegen! Zum ersten Male ist es in Nürnberg geglückt, bei den Springböckchen – eine südwestafrikanische Antilopenart – Junge "auf Sprung" zu bringen. Das zweite Kleine, ein Kitz, das am letzten Maitag auf die Welt kam, hüpft bereits unter den hohen Beinen der Giraffen herum und holt sich zu trinken, wann es gerade Lust dazu hat. Seine Mutter – sie kann übrigens bis zu fünf Meter weit und gut drei Meter hoch springen – wacht argwöhnisch über ihren quicklebendigen Sprößling und verteidigt ihn sogar energisch gegen den doch so vertrauten Tierpfleger.

Ebenso ruppig gibt sich die Schabrackentapir-Dame "Josephine". Erst hielt sie den Geburtstermin ihres zweiten Kindes nicht ein (Wärter Wolfgang Schirmer wollte so gerne dabei Photos machen) und dann gebärdete sie sich mit ihrem sieben Zentnern Lebendgewicht derart aggressiv, daß kein Mensch wagte, in ihre Nähe zu kommen. Gestern zeigte sie sich schon manierlicher, denn sie ließ es zu, daß man ihr geschecktes Kind aus dem Berg von weichem Heu hinaus in die Sonne trug, damit es den Bürgermeister, den neuen Pfleger des Tiergartens, Stadtrat Dr. Ludwig Borger, und schließlich auch den stellvertretenden Direktor Dr. Manfred Kraus mit langem Rüssel ausgiebig beschnuppern konnte.

Über dieses neugeborene Weibchen – die Eltern waren 1958 und 1959 direkt aus Thailand in Nürnberg eingetroffen – freut sich vor allem die Tiergartenleitung sehr, hat es doch rund 30 Jahre gedauert, ehe in einem Zoologischen Garten ein kleiner Tapir das Licht der Welt erblickte. Sobald "Jolli" sich genügend entpuppt hat, zieht sie in den Anbau des Elefantenhauses, damit es auch ihren Vater „Schlappi“ und ihre vor zwei Jahren geborene Schwester "Isolde" kennenlernen kann. Und wenn erst das Badebecken fertig ist, dann darf der Benjamin der Familie Tapir auch planschen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare