„Akzeptanz ist mehr als Toleranz“

23.5.2016, 19:07 Uhr
„Akzeptanz ist mehr als Toleranz“

© Foto: Balcerowski

Der Lehrstuhl für Orientalische Philologie und Islamwissenschaft will in den nächsten Jahren Workshops in Erlangen und München veranstalten, um Schlüsselbegriffe aus Christentum, Judentum und Islam in ihrer Tiefe zu begreifen. Aus ihnen sollen Bücherreihen in deutscher und englischer Sprache hervorgehen. Bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion kamen 50 Zuhörer in die Orangerie.

Auf dem Podium saßen Wissenschaftler aus Judentum, Islam und Christentum. Eine Anmerkung einer Zuhörerin brachte die Idee der Reihe auf den Punkt: „Akzeptanz ist mehr als Toleranz. Wie können Religionen sich gegenseitig akzeptieren?“

Professor Georges Tamer, Orientalist, antwortete: Genau das sei ein Ziel des Dialogprojektes: Einen Beitrag zum Frieden leisten durch gegenseitige Akzeptanz der Religionen. Tamer wünscht sich eine Änderung der Denkrichtung: Geht Lessings Richterspruch in der Ringparabel noch davon aus, das Wahre der Religion sei nicht erkennbar – sprich der echte Ring, der verloren ging – sieht Tamer fundierte Kenntnisse als Basis, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten der drei monotheistischen Religionen aufzudecken. „Der Mensch ist Feind dessen, was er nicht kennt“, zitiert der Orientalist ein Sprichwort. Auch wenn jeder Text zunächst Objektivität vorgeben will, so Professor Peter Artes, Kurator der Eugen-Biser-Stiftung, geht jeder Leser mit einem anderen Vorverständnis an ihn heran. Professor Matthias Morgenstern, Judaist, brachte ein historisches Beispiel: Da die christliche Urgemeinde die Ebenbildlichkeit Gottes stark in Jesus Christus sah, musste die jüdische Gemeinde sich von ihr abgrenzen, indem sie ihre eigene Tradition neu auslegte.

Amanullah De Sondy, promovierter Islamwissenschaftler, regte an, im metaphorischen Sinne mehr Brücken zu bauen statt sie einzureißen. Jeder Mensch solle innerhalb seiner Religion, aber auch zwischen den Religionen eine Stimme bekommen.

„Haben Sie während ihrer Tagung den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden?“, war gleich die erste Frage an die Runde. Martin O’Malley, promovierter christlicher Theologe, sagte: „Alle Religionen glauben: Gott existiert. Aber sonst . . .“ Während O’Malley noch nachdachte, lachte das Publikum auf. O’Malley setzte dann noch nach: Es gebe wohl auch gemeinsame Werte wie Respekt.

Eine Anmerkung zielte darauf, ob man nicht zu sehr Unterschiede statt Gemeinsamkeiten sehe. Artes machte daraufhin den Drahtseilakt des Projekts deutlich: „Eine gemeinsame Basis schaffen, die gleichzeitig zeigt, wo die Unterschiede liegen.“ Unterschiede sollen nicht unter den Tisch gekehrt werden, so Tamer.

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