Alkohol in der Schwangerschaft: Jeder Tropfen schadet dem Fötus

8.9.2012, 22:00 Uhr
Alkohol in der Schwangerschaft: Jeder Tropfen schadet dem Fötus

© Erich Malter

Die kognitive Störung ist ein Symptom von FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) beim Kind. Unter dieser Bezeichnung werden körperliche, geistige und seelische Störungen zusammengefasst, die durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft entstehen. Zum „Tag des alkoholgeschädigten Kindes“ am Sonntag, den 9. September, will das FASD-Netzwerk Nordbayern Jugendliche, junge Erwachsene, werdende Mütter, aber auch Ärzte auf das Problem aufmerksam machen – und vor allem Aufklärungarbeit leisten.

„Die Erscheinungsformen des fetalen Alkoholsyndroms und das Ausmaß der Schädigungen sind sowohl unter werdenden Müttern als auch bei Eltern, Lehrern und Ärzten noch relativ unbekannt und wenig erforscht“, erklärt Bolbecher, die auch 1. Vorsitzende des Netzwerks ist. In Deutschland gebe es bislang nur drei Einrichtungen – in Essen, Münster und Berlin –, in denen eine vorgeburtlich angelegte Erkrankung richtig festgestellt werden kann, erklärt sie.

„Oft lautet die erste Vermutung ADHS, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, aber die Ausprägungen der beiden Krankheiten unterscheiden sich, auch wenn die Abgrenzung schwierig ist“, sagt Bolbecher. An ADHS erkrankte Kinder könnten eigenständig planen und Gedächtnisinhalte abrufen, FASD-Kinder gelten als „schwer erziehbar“.

Bereits geringe Mengen an Alkohol, die eine schwangere Frau trinkt, können bei einem ungeborenen Kind zu lebenslangen, unheilbaren Behinderungen führen. Zwar halten viele Frauenärzte das Gläschen Sekt nicht für bedenklich, doch Gisela Blocher rät, in der Schwangerschaft vollständig auf Alkohol zu verzichten. Was genau unter gering zu verstehen ist, lässt sich schwer sagen, erklärt die 52-Jährige. Denn Tests sind nicht möglich.

In Deutschland kommen jährlich zwischen 10000 und 15000 Neugeborene auf die Welt, die das Krankheitsbild aufweisen. Zahlen für Bayern liegen nicht gesondert vor.

Die Krankheit, die nicht therapierbar ist, kann sich auch in körperlichen Veränderungen niederschlagen: Kleinwuchs, schräg stehende Augen oder eine kurze, flache Nase. Auch innere Organe können fehlgebildet werden. „Alkohol ist Zellgift“, erklärt Bolbecher. Einige Zellen beim Kind werden erst gar nicht angelegt. So weist ein FASD-Kind ein kleines und leichteres Gehirn auf. Es fehlt Gehirnmasse.

Ein Partner des Vereins ist die Frauenklinik, die Kinder- und Jugendklinik sowie die Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit des Uni-Klinikums Erlangen. „Schwangeren Frauen müssen wir klarmachen, dass die langfristigen Schäden, die ein Kind selbst durch geringen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft erfährt, zu 100 Prozent vermeidbare Behinderungen sind“, sagt Tamme Goecke, Leiter der Geburtshilfe der Frauenklinik und 2. Vorsitzender des Netzwerks.