Alkoholsucht: Ehefrau geschlagen, gewürgt und bespuckt

24.1.2015, 10:28 Uhr
Seine Alkoholsucht nicht im Griff hatte ein 36-Jähriger, der sich vor dem Amtsgericht Schwabach erklären musste. (Symbolbild)

© Jens Büttner, dpa Seine Alkoholsucht nicht im Griff hatte ein 36-Jähriger, der sich vor dem Amtsgericht Schwabach erklären musste. (Symbolbild)

Alkoholiker tun sich oft lange Zeit schwer, sich ihre Krankheit einzugestehen. Alkoholiker haben immer recht. Sie belügen sich und andere – auch vor Gericht. Vor dem Amtsgericht Schwabach appellierte deshalb Richterin Dr. Andrea Martin an den 36-jährigen Fabian L. (Name geändert), sich endlich der Wahrheit zu stellen. Damit meinte sie nicht nur den Alkoholismus, sondern auch all die Dinge, die geschehen waren, wenn Fabian L. unter der Droge Nummer eins in Deutschland oder anderen Betäubungsmitteln stand. Was er seiner Frau angetan hat.

Da hat Fabian L. gerade noch rechtzeitig die Reißleine gezogen. Er musste sich vor dem Amtsgericht verantworten, weil er seine mittlerweile von ihm getrennt lebende Frau geschlagen, gewürgt, bespuckt und beleidigt haben soll. Nach gut zwei Stunden Verhandlung zog der 36-Jährige auf Anraten seines Rechtsanwaltes Mathias Hirsch (Kanzlei Förster) den Einspruch gegen einen Strafbefehl zurück. Bevor seine Kinder aussagen müssen, zahle Fabian L. lieber die im Strafbefehl festgesetzten 2700 Euro (90 Tagessätze zu 30 Euro) an die Staatskasse, so sein Anwalt.

Fabian L. wollte anfangs der Verhandlung die gegen ihn erhobenen Vorwürfe so nicht stehen lassen. Ja, es habe im Mai vergangenen Jahres Streit mit seiner Frau gegeben, sagte er, gewürgt haben wollte er sie nicht. Ja, es habe Mitte Juni erneut eine heftige Auseinandersetzung gegeben, sagte er, doch geschlagen und heftig gegen einen Schuhschrank gedrückt habe er sie nicht.

Dass er sie im August – da bestand bereits ein Kontaktverbot – bespuckt und als „Russenschlampe“ bezeichnet haben soll, war für ihn total abwegig, „denn meine Frau ist ja keine Russin.“

Seine Frau sei auf ihn losgegangen, sagte der Angeklagte. Da habe er sie schon mal weggeschubst, von ihm fernhalten wollen. Und zum Beweis, dass die Gattin ihn „angegriffen“ hat, legte er Fotos vor, die seine Eltern gemacht hatten und die belegen sollten, dass er das Opfer, nicht der Täter war. Ein ärztliches Attest aus dem Stadtkrankenhaus Schwabach sollte das zudem untermauern.

Die „Ex“ sei ja nur eifersüchtig, „da ich mittlerweile eine neue Beziehung habe“, meinte der Umschüler im Laufe der Verhandlung, und er unterstellte der gleichaltrigen Frau, dass sie schon mal wegen der bevorstehenden Scheidung und der Frage des Umgangsrechtes mit den Kindern Pluspunkte vor Gericht sammeln will.

Streit an der Tagesordnung

Die Aussage einer Nachbarin erschütterte freilich die Einlassung des 36-Jährigen. Die sagte nämlich, dass es in der Beziehung von Fabian L. und seiner Frau stets Höhen und Tiefen gegeben habe. Streit sei an der Tagesordnung gewesen, vor allem, wenn Fabian L. getrunken habe. Am 31. Mai seien Würgemale am Hals der Frau sehr deutlich zu sehen gewesen, versichert die Zeugin, das könne auch ihr Mann bestätigen.

Bedrohungen, Beschimpfungen und aggressives Verhalten seien an der Tagesordnung gewesen, wenn ihr Mann getrunken habe, sagte auch die Noch-Ehefrau, manchmal in Tränen aufgelöst ob der genauen Nachfragen der Vorsitzenden des Gerichts. Er sehe den Alkohol aber nicht als Problem, „obwohl er eine Langzeittherapie hinter sich hat“, sagte die 36-Jährige. Danach habe er wieder heimlich getrunken und sie auch manchmal geschlagen. „Mit der flachen Hand ins Gesicht.“

Im vergangenen Jahr seien dann Äußerungen im Beisein der Kinder gefallen wie „Wir sollen aufpassen, dass wir die Nacht überleben.“ Sie habe sich dann mit den Kindern in einem Zimmer eingeschlossen.

Oberstaatsanwalt Thomas Weyde und Richterin Dr. Andrea Martin fanden den Zeitpunkt gekommen, um Fabian L. noch einmal nahezulegen, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzunehmen. Vor allem auch deshalb, da eine Polizeibeamtin ausgesagt hatte, dass sie niemals einen großen Belastungseifer bei der Ex des Angeklagten feststellen konnte. Die wollte eher ihre Familie retten, meinte die Beamtin, vor allem die Kinder schützen.

Gerade noch rechtzeitig

Der Staatsanwalt und auch die Richterin waren entschlossen, den Ehemann der Nachbarin, der die Würgemale am Hals ebenfalls gesehen haben soll, zu hören sowie einen Rechtsmediziner, der über den Angriff gegen den Hals und seine möglichen tödlichen Folgen etwas sagen kann. Dann gehe es nicht mehr um vorsätzliche Körperverletzung. Als „ultima ratio“ (letzten möglichen Schritt) bezeichnete Richterin Martin die Möglichkeit, zumindest die 13-jährige Tochter des Ehepaares hören zu wollen.

Sitzungspause.

Fabian L. lenkt ein, zieht seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurück, gesteht damit seine Taten ein. Die Aussage seiner 13-jährigen Tochter will er ihr ersparen. Warum? Dazu sagen der 36-Jährige und Anwalt Hirsch nichts.

„Goldene Brücken“ habe man ihm gebaut, formuliert Richterin Dr. Andrea Martin zum Schluss. Sie sehe einmal mehr, was der abhängige Konsum von Alkohol mit Menschen und Familien mache, wenn der Kranke seine Krankheit nicht einsehen wolle, kapituliere. „Die Krankheit zuzugeben, kann auch der Zugang zu einem neuen Leben sein“, appellierte Martin im Beisein der geschlagenen Frau, um zum Ausdruck zu bringen, dass sich Fabian L. erneut dem Thema Alkohol bei einer weiteren Therapie stellen muss. Und sie appellierte an beide Parteien, dass sie doch einen Weg finden mögen, den Umgang mit den Kindern in deren Sinne zu regeln.

Fabian L. kann sich nichts mehr leisten, zumal für ihn ein Kontaktverbot zu seiner scheidungswilligen Frau besteht. Ignoriert er richterliche Beschlüsse, dann wird er noch mehr Probleme vor Gericht haben. Freiheitsstrafe nicht ausgeschlossen.

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