Amazon erkauft sich Wachstum mit satten Rabatten

22.10.2010, 12:00 Uhr

Das sorgt zwar für ein enormes Wachstum, nagt aber an den Gewinnen. Am Donnerstag, nach Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal, rutschte der Kurs der Aktie um fast 4 Prozent ab. Seit nun 15 Jahren arbeite Amazon daran, den Service für die Kunden weiter zu verbessern, sagte Jeff Bezoz. «Und diese Jahr ist keine Ausnahme.» Der Umsatz legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 39 Prozent auf 7,6 Milliarden Dollar zu, der Gewinn hinkte hinterher mit einem Plus von 16 Prozent auf unterm Strich 231 Millionen Dollar.    

Bereits im vorangegangenen Quartal hatten die Aktionäre Amazon dafür abgestraft, dass der Händler in seinem Wachstumsdrang keine Kosten gescheut hatte. Die Aktie war am Tag der Zahlenvorlage noch drastischer als jetzt eingebrochen; Beobachter sprachen damals von einem «Schlachtfest». Anders als die Anleger sei Amazon nicht enttäuscht, sagte Ralf Kleber, Geschäftsführer von Amazon Deutschland. «Es ist jedes Mal das gleiche: wir meinen es ernst. Wir wollen langfristig investieren.»

Im abgelaufenen Quartal baute Amazon seinen Bestand an Lagerhäusern weltweit um zehn Standorte weiter aus, im laufenden Quartal sollen drei weitere hinzukommen. In Deutschland unterhält das Unternehmen insgesamt vier Zentren. Aufgrund immer mehr Produktgruppen wie der sogenannten Weißen Ware oder moderner Fernseher sowie eines zunehmenden Geschäfts mit externen Händlern wachse der Bedarf an Versandfläche kontinuierlich, sagte Kleber. Allein in Deutschland sucht Amazon für das anstehende Weihnachtsgeschäft 6000 Mitarbeiter.

Dieser Ausbau, kombiniert mit kräftigen Werbeausgaben und einem drastischen Preissturz beim Lesegerät Kindle hätten zeitweise die Gewinne gedrückt, sagte Fred Moran, Analyst bei Benchmark Co. in Florida, der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. «Das Unternehmen ist derzeit in einem Reinvestitionsmodus, der kurzfristig die Profitabilität belastet, um ein kräftiges Umsatzwachstum zu stärken.»

Unter anderem bietet Amazon die neueste Variante seines Verkaufsschlagers Kindle je nach Ausführung um rund ein Viertel billiger an als den Vorgänger, obwohl das Gerät leistungsfähiger ist. Der Kindle ist Amazons Lesegerät für elektronische Bücher und ab 139 Dollar plus Steuern zu haben. Der Markt der sogenannten E-Books wächst weiter rasant.

Der Grund für den aggressiven Preis liegt in der starken Konkurrenz durch Apples Tablet-Computer iPad und das Lesegerät nook der führenden US-Buchhandelskette Barnes & Noble. Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass sich der Buchhändler mit dem Discount-Riesen Wal- Mart verbündet hat und dieser auch bald den nook anbietet. Die zweite große US-Buchhandelskette Borders greift zusätzlich mit dem Kobo zum Kampfpreis von 129,99 Dollar an.

Während sich in Deutschland Apples iPad derzeit eine beachtliche Fangemeinde im boomenden Markt der elektronischen Lesegeräte erobert, lässt sich Amazon erstaunlich viel Zeit. Der Kindle ist hierzulande weiterhin nur als Import aus den USA erhältlich. Inhalte gibt es bis auf weiteres nur in englischer Sprache - mit Ausnahme einiger weniger deutscher Magazin-Titel. Dennoch sei der Kindle «vermutlich das meistverkaufte Lesegerät in Deutschland», ist sich Kleber sicher. Der Marktstart in Deutschland sei nur eine Frage des Wann, nicht des Ob.

Auch bei Elektronikartikeln vom Fernseher bis zum Staubsauger dreht Amazon an der Preisschraube. Damit macht Amazon schon längere Zeit mehr Geld als mit Büchern, CDs und DVDs. Schärfster Rivale ist hier der Online-Marktplatz Ebay. Nicht zuletzt durch die satten Rabatte war Amazon dem Konkurrenten ein ums andere Mal davongezogen. Um magere 3 Prozent war Ebays Marktplatz im vergangenen Quartal gewachsen.

Für Deutschland erwartet Kleber, dass zum Weihnachtsgeschäft wieder traditionell die Klassiker wie Elektronik-Artikel zu den Verkaufsschlagern gehören werden. Das zuletzt gestartete Geschäft mit Lebensmitteln sei zufriedenstellen angelaufen. «Das ist noch eine junge Kategorie, wir bauen das Angebot kontinuierlich aus.» Amazon war mit ambitionierten Plänen an den Start gegangen und bietet über Partner Waren aller Art bis hin zu Frischware an. Amazon befinde sich weiter in der intensiven Testphase, sagte Kleber. «Das Angebot wird aber auch künftig nicht den Gang in den Supermarkt komplett ersetzen.»