Ascot-Finish auf dem Podium

16.10.2016, 19:00 Uhr

Haydn, Webern, Schubert, Reger – es gab die ganze Tour d’horizon durch die Streichquartett-Literatur. Und das Stück, womit das Aris-Quartett das Publikum am meisten faszinierte, waren die fünf Stücke op. 5 von Anton Webern. Da hat man nicht viel Zeit, sich melodisch, gefühlig auszusingen, da will alles in aphoristischer Kürze auf den Punkt gebracht sein. Webern will’s, ob „langsam“ oder „bewegt“, immer „sehr“: und so spielen die Vier das auch, lassen selbst in den langsamen Sätzen keine Leerstellen, komprimieren zu packend konstruiertem Ausdruck.

Damit kann sich das Aris-Quartett nicht nur die „Neue Wiener Schule“, sondern bestimmt auch die neueste Musik erschließen. Spielte allerdings beim PMV sehr passend gleich danach Franz Schuberts „Streichquartettsatz“ D 703. Der Romantiker machte Schluss mit dem Komponieren nach einem einzigen Satz: alles war gesagt, komprimiert wie bei Webern. Jedenfalls hörte sich das bei Aris so an, und die ausdrucksvolle Mimik von Caspar Vinzens (Viola) und Lukas Sieber (Cello) sah auch danach aus.

Haydns „Reiterquartett“

Am Beginn stand Haydns „Reiterquartett“ in vergnüglicher Anschaulichkeit. Primaria Katherina Wildermuth führte das thematische Material prägnant schildernd vor, der Hochdruck bei allen Spielern dient nicht dem eigenen Profil, sondern Haydn, selbst dem aufgeladenen Largo: langsam heißt da nie langweilig. Das Quartett spielt das prägnant, präzise und spannend wie ein Pferderennen: ein Ascot-Finish auf der Konzertbühne.

Danach war längst klar, dass das „Klarinettenquintett“ op. 146 (mit dem charmanten Thorsten Johanns) auch ohne Gedenktagsanlass ein genuines Max-Reger-Erlebnis werden würde: von 1916, mit einem guten Stück Weltkriegs-Eskapismus, mit Bezügen von Mozart bis zu Richard Strauss. Aris spielt heftig und samtweich, wunderbar poetisch und kraftvoll, formuliert traumhafte Fragen und gibt lyrische Antworten. Da passt alles bruchlos zusammen, und man fragt sich, was das Quatuor Arod (1. Preis beim ARD-Wettbewerb) besser konnte. Vielleicht die Zugabe, denn die blieb beim Aris-Streichquartett ein bisschen belanglos.

Nächstes PMV-Konzert: 9. November mit dem Cellisten Sebastian Klinger. Infos und Karten: www.privatmusikverein.de

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