Auf einen Espresso mit . . . Kampf für eine bedrohte Kultur

22.12.2016, 20:48 Uhr
Auf einen Espresso mit . . . Kampf für eine bedrohte Kultur

© Foto: Fengler

Frau Maul, Nürnberg und Tibet — wie gehört denn das zusammen?

Helga Maul: Sie haben recht, da gibt es keine unmittelbare Verbindung. Aber auch wenn ich erst zwei Jahre nach der Gründung der Gruppe dazugestoßen bin, weiß ich, wie sie entstanden ist: Damals tourte eine Gruppe buddhistischer Mönche durch Deutschland, für deren religiöse Maskentänze wurden Auftrittsorte gesucht. Die Tibet-Initiative Deutschland bat auch in Nürnberg um Hilfe — und lenkte so den Blick auf die Lage im Land und die bedrohte Kultur der Tibeter. Das war die Initialzündung.

Und Sie haben die Mönche damals gesehen und wollten aktiv werden?

Maul: Nein, für mich stand und steht die Menschenrechtsarbeit im Vordergrund. Ich bin über einen Lehrer auf das Thema Tibet aufmerksam geworden und hatte mich schon ein paar Jahre damit beschäftigt, als ich in dem Abspann eines Films von der Nürnberger Gruppe erfuhr. Zufällig haben die sich dann am selben Tag getroffen, und ich bin gleich dazugestoßen . . .

. . . und bis heute geblieben. Vermutlich waren Sie auch schon im Land?

Maul: Ja, natürlich, aber das ist schon einige Jahre her. Ehrlich gesagt, hatte ich das Gefühl, mit meinem Besuch die chinesische Regierung zu unterstützen, die das Land ja seit den 1950er Jahren besetzt hält. Die Menschen in Tibet profitieren eher weniger davon, dass Touristen kommen. Aber die Reise hat mich in meinem Engagement bestätigt, denn ich habe gesehen, wie desolat die Menschenrechtslage im Land wirklich ist. Die Menschen und ihre Kultur dort werden massiv unterdrückt.

Wie können Sie da von Nürnberg aus helfen?

Maul: Indem wir immer wieder über die Lage im Land informieren. Wir wollen einfach dafür sorgen, dass die Menschen dort nicht vergessen werden. Die Aufmerksamkeit ruht ja meistens eher auf den Brennpunkten in der Welt, wie derzeit zum Beispiel Syrien. Die Tibeter dagegen leisten seit Jahren friedlichen Widerstand, da gibt es nicht so viele spektakuläre Ereignisse. Deshalb sind sie nicht so im Fokus der Öffentlichkeit. Die schaut eher hin, wenn Bomben fallen, nicht, wenn Menschen still vor sich hin leiden.

Was konnten Sie denn in den vergangenen 20 Jahren erreichen?

Maul: Mit Blick auf die Menschenrechte ist die Lage im Land leider nicht besser geworden. Aber durch internationalen Druck haben wir diverse politische Gefangene freibekommen. Wir organisieren Mahnwachen, vor allem am 10. März, dem Jahrestag des Volksaufstandes gegen die Besetzung durch China. Dann wird auch am Rathaus die tibetische Flagge gehisst. So weiß die chinesische Regierung, dass sich Menschen für die Lage im Land interessieren. Wäre das nicht der Fall, würden die Tibeter ihre Kultur womöglich gar nicht mehr leben können. Die Menschen dort fühlen sich bestärkt durch unser Engagement.

Also machen Sie auch in den nächsten Jahren weiter?

Maul: Auf jeden Fall. Die Kultur der Tibeter ist eine sehr bewahrenswerte und tolle Kultur, das zeigen wir auch auf diversen Veranstaltungen in Nürnberg. Wir verbinden Vorträge und Konzerte entsprechender Gruppen mit unserer politischen Arbeit — damit erreichen wir mehr als mit der nackten Information. Die Menschen sollen sehen, was es zu bewahren gilt, und nicht nur negative Dinge erfahren. Ein Höhepunkt war natürlich der Besuch des Dalai Lama in Nürnberg vor acht Jahren, den wir gemeinsam mit der Geschäftsstelle der bundesweiten Initiative organisiert haben — er ist ein wichtiger Botschafter für sein Land.

Mehr Informationen zum Verein finden Sie im Internet unter www.tibet-nuernberg.de

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