Auszeichnungen für die Region: Diese Traditionen sollte man erhalten

8.4.2018, 09:32 Uhr
Etliche regionale Traditionen sind zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden, unter anderem auch die Jurahäuser im Altmühltal "Sie sind mit das Qualitätsvollste, was bäuerliche Architektur in Europa hervorgebracht hat", schwärmt Eva Martiny, Vorsitzende des Jurahausvereins. "Mit ihren schweren Steindächern und ihrer schnörkellosen Form sind sie wie aus der rauen Felslandschaft des Altmühltals geschnitten. Sie sind die bauliche Identität der Region", betont Martiny.
1 / 11

Jurahäuser im Altmühltal

Etliche regionale Traditionen sind zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden, unter anderem auch die Jurahäuser im Altmühltal "Sie sind mit das Qualitätsvollste, was bäuerliche Architektur in Europa hervorgebracht hat", schwärmt Eva Martiny, Vorsitzende des Jurahausvereins. "Mit ihren schweren Steindächern und ihrer schnörkellosen Form sind sie wie aus der rauen Felslandschaft des Altmühltals geschnitten. Sie sind die bauliche Identität der Region", betont Martiny. © Jurahausverein

Etwa 3000 dieser Jurahäuser gibt es heute noch zwischen Treuchtlingen und Kelheim. Vor allem in den Landkreisen Eichstätt und Weißenburg-Gunzenhausen sind sie verbreitet. Charakteristisch sind die dunkelgrauen, mit Kalkplatten gedeckten Dächer. Zweieinhalbmal so schwer wie normale Biberschwanzziegel sind diese Platten. Deshalb haben die Häuser mächtige Dachstühle, die Dächer sind sanft geneigt, damit die schwere Last nicht ins Rutschen kommt. Die Gebäude selbst sind einfache kubische Baukörper mit vielen kleinen Fenstern.
2 / 11

Jurahäuser im Altmühltal

Etwa 3000 dieser Jurahäuser gibt es heute noch zwischen Treuchtlingen und Kelheim. Vor allem in den Landkreisen Eichstätt und Weißenburg-Gunzenhausen sind sie verbreitet. Charakteristisch sind die dunkelgrauen, mit Kalkplatten gedeckten Dächer. Zweieinhalbmal so schwer wie normale Biberschwanzziegel sind diese Platten. Deshalb haben die Häuser mächtige Dachstühle, die Dächer sind sanft geneigt, damit die schwere Last nicht ins Rutschen kommt. Die Gebäude selbst sind einfache kubische Baukörper mit vielen kleinen Fenstern. © Jurahausverein

Bis 1900 waren mehr als 80 Prozent der Häuser in der Altmühlregion so gestaltet. Der Baustil ist seit dem Jahr 1200 tief verwurzelt in der Region um die Steinbrüche in Solnhofen, Eichstätt oder Kelheim, wo das Material für die Dächer gewonnen wurde. Doch vor allem ab 1950 verschwanden die Häuser zunehmend, die Menschen verbanden mit ihnen ein ärmliches, feuchtes und rückständiges Wohnen. In den  Jurahäusern kann man aber auch modernen Wohnkomfort genießen, mit Fußbodenheizung und hochwertigen Bädern. „Die Häuser haben oft 60 bis 80 Zentimeter dicke Bruchsteinmauern. Sie sind wunderbar isoliert, da braucht man gar kein Styropor mehr draufklatschen“, meint Martiny.
3 / 11

Jurahäuser im Altmühltal

Bis 1900 waren mehr als 80 Prozent der Häuser in der Altmühlregion so gestaltet. Der Baustil ist seit dem Jahr 1200 tief verwurzelt in der Region um die Steinbrüche in Solnhofen, Eichstätt oder Kelheim, wo das Material für die Dächer gewonnen wurde. Doch vor allem ab 1950 verschwanden die Häuser zunehmend, die Menschen verbanden mit ihnen ein ärmliches, feuchtes und rückständiges Wohnen. In den Jurahäusern kann man aber auch modernen Wohnkomfort genießen, mit Fußbodenheizung und hochwertigen Bädern. „Die Häuser haben oft 60 bis 80 Zentimeter dicke Bruchsteinmauern. Sie sind wunderbar isoliert, da braucht man gar kein Styropor mehr draufklatschen“, meint Martiny. © Jurahausverein

"Manche jungen Leute sind heute etwas unbeweglich. Oft fehlen die feinmotorischen Fähigkeiten, das feine Spüren in den Händen wird seltener", meint Wolfgang Miller. Der 54-Jährige leitet die Drechsler-Ausbildung in der Berufsschule Bad Kissingen, dem einzigen Ort in Deutschland, an dem dieses Handwerk noch in seiner Reinform gelehrt wird. "Das Drechseln ist eines der ältesten Handwerke. Wir wollen das Wissen, Können und das Kulturgut erhalten", betont Miller.
4 / 11

Drechsler-Handwerk in Bayern

"Manche jungen Leute sind heute etwas unbeweglich. Oft fehlen die feinmotorischen Fähigkeiten, das feine Spüren in den Händen wird seltener", meint Wolfgang Miller. Der 54-Jährige leitet die Drechsler-Ausbildung in der Berufsschule Bad Kissingen, dem einzigen Ort in Deutschland, an dem dieses Handwerk noch in seiner Reinform gelehrt wird. "Das Drechseln ist eines der ältesten Handwerke. Wir wollen das Wissen, Können und das Kulturgut erhalten", betont Miller. © privat

Die Texte über das Drechseln, die er für die Bewerbung verfasst hat, möchte er in einer Broschüre bündeln, die für den Beruf wirbt. "Das Standesbewusstsein der Betriebe sollte wieder steigen", wünscht sich Miller. "Wir sind staubige Brüder, der Wert unserer Arbeit wird oft nicht erkannt. Wir leben in einer Zeit, in der der schlechte Geschmack und die Billigprodukte Hochkonjunktur haben." Drei Jahre lang dauert die Drechslerausbildung, pro Jahr sind die Lehrlinge neun Wochen in Bad Kissingen.
5 / 11

Drechsler-Handwerk in Bayern

Die Texte über das Drechseln, die er für die Bewerbung verfasst hat, möchte er in einer Broschüre bündeln, die für den Beruf wirbt. "Das Standesbewusstsein der Betriebe sollte wieder steigen", wünscht sich Miller. "Wir sind staubige Brüder, der Wert unserer Arbeit wird oft nicht erkannt. Wir leben in einer Zeit, in der der schlechte Geschmack und die Billigprodukte Hochkonjunktur haben." Drei Jahre lang dauert die Drechslerausbildung, pro Jahr sind die Lehrlinge neun Wochen in Bad Kissingen. © Wolfgang Miller

Wolfgang Miller selbst hat einen Betrieb bei Bad Kissingen. "Mein Vater ist noch mit 92 Jahren an der Drehbank gestanden", erzählt er. Miller stellt Getreidemühlen und Müslischüsseln, Treppensprossen, Räder und Kugeln für Spielzeug genauso her wie feinste Teile für Musikinstrumente. "Mein größtes Teil war 1,80 Meter groß, das kleinste hatte einen Durchmesser von 1,4 Millimetern. Der Beruf ist sehr vielfältig", schwärmt Miller.
6 / 11

Drechsler-Handwerk in Bayern

Wolfgang Miller selbst hat einen Betrieb bei Bad Kissingen. "Mein Vater ist noch mit 92 Jahren an der Drehbank gestanden", erzählt er. Miller stellt Getreidemühlen und Müslischüsseln, Treppensprossen, Räder und Kugeln für Spielzeug genauso her wie feinste Teile für Musikinstrumente. "Mein größtes Teil war 1,80 Meter groß, das kleinste hatte einen Durchmesser von 1,4 Millimetern. Der Beruf ist sehr vielfältig", schwärmt Miller. © Wolfgang Miller

Gedörrte Zwetschgen kennt in der Region jedes Kind, schließlich bilden sie die schrumpeligen Gliedmaßen der berühmten Zwetschgenmännla. Gedörrte Birnen, "Hutzeln" genannt, sind dagegen längst nicht mehr in aller Munde. "Dabei hat man sie noch bis in die 1980er Jahre für Nürnberger Lebkuchen verwendet", sagt Franz Hümmer.
7 / 11

Dörrobstherstellung im Steigerwald

Gedörrte Zwetschgen kennt in der Region jedes Kind, schließlich bilden sie die schrumpeligen Gliedmaßen der berühmten Zwetschgenmännla. Gedörrte Birnen, "Hutzeln" genannt, sind dagegen längst nicht mehr in aller Munde. "Dabei hat man sie noch bis in die 1980er Jahre für Nürnberger Lebkuchen verwendet", sagt Franz Hümmer. © Sabine Weinbeer

Hümmer stammt aus Fatschenbrunn, einem 275-Seelen-Dörfchen im unterfränkischen Landkreis Haßberge. Fatschenbrunn im Steigerwald ist nichts Geringeres als die letzte Bastion der Hutzeln in der Region.
 "Früher hat man fast überall, wo es Obst gab, auch Hutzeln hergestellt", erzählt Hümmer. Heute decken längst Großbetriebe mit standardisierten Produkten den Bedarf an Trockenfrüchten. "Bei uns schmeckt jede Hutzel anders", sagt dagegen Hümmer. Aus 30 verschiedenen Sorten kann er schöpfen, jede hat ihren einzigartigen Geschmack.
8 / 11

Dörrobstherstellung im Steigerwald

Hümmer stammt aus Fatschenbrunn, einem 275-Seelen-Dörfchen im unterfränkischen Landkreis Haßberge. Fatschenbrunn im Steigerwald ist nichts Geringeres als die letzte Bastion der Hutzeln in der Region. "Früher hat man fast überall, wo es Obst gab, auch Hutzeln hergestellt", erzählt Hümmer. Heute decken längst Großbetriebe mit standardisierten Produkten den Bedarf an Trockenfrüchten. "Bei uns schmeckt jede Hutzel anders", sagt dagegen Hümmer. Aus 30 verschiedenen Sorten kann er schöpfen, jede hat ihren einzigartigen Geschmack. © Dorfbuch Fatschenbrunn

"Vier Kilo Birnen braucht man für ein Kilo Hutzeln", erzählt Hümmer. Zehn Euro muss man deshalb für ein Kilo der Delikatesse hinlegen. Seine Hutzeln verkauft Hümmer im Internet. "Vor Ort gab es lange Zeit kaum Interesse", meint er. Doch das ändert sich nun langsam. Denn durch Hümmers Engagement zählt die traditionelle Dörrobstherstellung im Steigerwald nun zum Kulturerbe. "Ich hoffe, dass durch das Bekanntwerden die Kulturlandschaft erhalten bleibt", betont Hümmer.
 Helfen soll dabei auch das große Hutzelkulturzentrum mit Gastronomie, Hofladen, Schau-Därre, Veranstaltungsräumen und Ferienwohnungen, zu dem er seinen Hof umbauen möchte.
9 / 11

Dörrobstherstellung im Steigerwald

"Vier Kilo Birnen braucht man für ein Kilo Hutzeln", erzählt Hümmer. Zehn Euro muss man deshalb für ein Kilo der Delikatesse hinlegen. Seine Hutzeln verkauft Hümmer im Internet. "Vor Ort gab es lange Zeit kaum Interesse", meint er. Doch das ändert sich nun langsam. Denn durch Hümmers Engagement zählt die traditionelle Dörrobstherstellung im Steigerwald nun zum Kulturerbe. "Ich hoffe, dass durch das Bekanntwerden die Kulturlandschaft erhalten bleibt", betont Hümmer. Helfen soll dabei auch das große Hutzelkulturzentrum mit Gastronomie, Hofladen, Schau-Därre, Veranstaltungsräumen und Ferienwohnungen, zu dem er seinen Hof umbauen möchte. © Franz Hümmer

Holz gibt es noch vor vielen Hütten im Steigerwald. Die Tradition der Gemeinschaftswälder ist noch weit verbreitet. Etwa 100 solcher Wälder gibt es dort, in denen sich die Gemeindebewohner einmal im Jahr kostenlos ihr Brennholz holen können.; Besonders streng ist man dabei in Iphofen. Dort liegt nur auf den Häusern der Altstadt ein Holzrecht. Die Bewohner von 104 Häusern dürfen Holz aus dem 300 Hektar großen Gemeinschaftswald holen. Einmal im Jahr werden Waldflächen an die Rechtler verlost. Zwölf bis 15 Ster Brennholz springen dabei heraus, fast das gesamte Unterholz und die dünneren Bäume. Die dickeren Stämme bekommt die Stadt.
10 / 11

Gemeinschaftswälder im Steigerwald

Holz gibt es noch vor vielen Hütten im Steigerwald. Die Tradition der Gemeinschaftswälder ist noch weit verbreitet. Etwa 100 solcher Wälder gibt es dort, in denen sich die Gemeindebewohner einmal im Jahr kostenlos ihr Brennholz holen können.; Besonders streng ist man dabei in Iphofen. Dort liegt nur auf den Häusern der Altstadt ein Holzrecht. Die Bewohner von 104 Häusern dürfen Holz aus dem 300 Hektar großen Gemeinschaftswald holen. Einmal im Jahr werden Waldflächen an die Rechtler verlost. Zwölf bis 15 Ster Brennholz springen dabei heraus, fast das gesamte Unterholz und die dünneren Bäume. Die dickeren Stämme bekommt die Stadt. © Markt Willanzheim

"Es gibt eine sehr große Vielfalt mit ganz verschiedenen rechtlichen Konstruktionen. Jeder hat andere Besonderheiten, das macht das Thema so spannend", betont Ingrid Reifenscheid-Eckert, Bürgermeisterin von Markt Willanzheim im Landkreis Kitzingen, die als Sprecherin der elf Kommunen in fünf Landkreisen fungiert, die sich um die Auszeichnung als immaterielles Kulturerbe bemüht haben. "Die Tradition um den Wald ist ein Bestandteil unserer Dorfkultur", sagt Reifenscheid-Eckert. Jedes Jahr im November wird das Holz ausgegeben. Dafür werden mit vier langen Holzstangen die zu verteilenden Flächen abgemessen. Im Januar werden beim traditionellen "Eichenstrich" die Eichenkronen versteigert. "Früh wird versteigert, dann sitzt man ab Mittag am Lagerfeuer. Das Fest zieht sich bis tief in die Nacht", erzählt Reifenscheid-Eckert.
11 / 11

Gemeinschaftswälder im Steigerwald

"Es gibt eine sehr große Vielfalt mit ganz verschiedenen rechtlichen Konstruktionen. Jeder hat andere Besonderheiten, das macht das Thema so spannend", betont Ingrid Reifenscheid-Eckert, Bürgermeisterin von Markt Willanzheim im Landkreis Kitzingen, die als Sprecherin der elf Kommunen in fünf Landkreisen fungiert, die sich um die Auszeichnung als immaterielles Kulturerbe bemüht haben. "Die Tradition um den Wald ist ein Bestandteil unserer Dorfkultur", sagt Reifenscheid-Eckert. Jedes Jahr im November wird das Holz ausgegeben. Dafür werden mit vier langen Holzstangen die zu verteilenden Flächen abgemessen. Im Januar werden beim traditionellen "Eichenstrich" die Eichenkronen versteigert. "Früh wird versteigert, dann sitzt man ab Mittag am Lagerfeuer. Das Fest zieht sich bis tief in die Nacht", erzählt Reifenscheid-Eckert. © Markt Willanzheim

Verwandte Themen