Berufe der Zeit 4.0

7.4.2017, 18:16 Uhr
Berufe der Zeit 4.0

© Kern-Miereisz

Mit einer "Roadshow" ist das Bundesministerium für Bildung zurzeit im Land unterwegs. Sie beschäftigt sich mit "Aufstieg" und dem entsprechenden BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz). Fördermöglichkeiten jenseits eines Hochschulstudiums werden in diesem Programm vorgestellt.

Als einer, der sportliche Höchstleistung mit handwerklicher Ausbildung verband – und dies trotz eines körperlichen Handicaps – wurde Markus Rehm eingeladen. Bei den Paralympics in Rio de Janeiro 2016 war er der Fahnenträger der deutschen Mannschaft. Die Beinprothese, die sich kaum merklich unter seiner Jeans abzeichnet, hat er selbst konstruiert, nachdem er eine Aufstiegsfortbildung zum Orthopädietechnikermeister absolvierte.

Der Leichtathlet im Behindertensport, spezialisiert auf den Weitsprung und die Sprintstrecken, wurde zunächst mit Staatssekretär Stefan Müller auch durch diejenigen kreativen Werkstätten und Hochsicherheits-Labore im 2011 eröffneten "Laces" geführt, die üblicherweise nicht so leicht gezeigt werden.

Nähmaschinen, Regallager von 5000 farbigen Schuhleisten, ein Bodyscan, der Athleten vermisst, Materialforschung oder Schuhe aus dem 3 D-Drucker: Jenseits der Plaza im Laces wird intensiv geforscht und gearbeitet und im Sinn des Firmengründers Adi Dassler im Kontakt mit den Sportlern ein Produkt stets verbessert, verfeinert, erneuert, wie adidas-Mitarbeiter Jannik Kögel erläuterte.

Bis zum Thema Recyclingrohstoff aus Meeresplastik, Kunstleder statt Känguruleder oder dem Umweltproblem des Lösemittels in Klebstoffen gehen die Fragen, differenzierte Tobis Biegel, Orthopädieschuhmachermeister, überdies.

500 Athleten, Handballer, Schwimmer, Tennisspieler und vor allem Fußballer – 80 Prozent der Firmenprodukte sind Schuhwerk – ließen sich bereits auf der Welt des Sports vermessen.

Auch Markus Rehm, adidas-Träger in seinem Heimatverein Bayer Leverkusen seit 2008, zeigte sich beeindruckt, mit welcher Detailgenauigkeit die Produktanpassung an den Athleten erfolgt und immer wieder auf den Prüfstand gestellt wird. Viel Neues erfuhr auf Stefan Müller, begleitet von Justitiar Frank Dassler und Strategiedirektor Sven Pastowski,, obgleich der Staatssekretär die kreativen Firmen seines Wahlkreises schon oft besichtigt hat.

Orthopädieschuhmacher, Schuhtechniker oder auch Medientechnologe für IT-Siebdruck sind Berufe, in denen junge Menschen auf der Welt des Sports ausgebildet werden. Doch gebraucht werden dort auch Maschinenbauer für die Herstellung der Versuchswerkzeuge, Einzelhandelskaufleute oder Fachinformatiker, die oft in dualen Studienprogrammen in Kooperation mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und der Technischen Hochschule Nürnberg ausgebildet werden. Neben den Azubis lernten bei adidas Ende vorigen Jahres 35 duale Studenten.

In einer Diskussionsrunde mit fünf Teilnehmern wurden anschließend die vielfältigen Möglichkeiten des beruflichen Aufstiegs deutlich – allerdings auch die Anforderung, sich fortwährend weiterzuqualifizieren.

Leichtathlet Markus Rehm berichtete von den Klimmzügen, die es manchmal koste, Sport, den Bau seiner Hilfsmittel und den eigenen Anspruch zu vereinbaren: "Ein Investment in sich selbst ist das Beste, was man tun kann." Dass Teamfähigkeit und "netzwerken" die Laufbahn beschleunigen, wurde auch in den Statements von Produktmanagerin Theresia Machold klar und von Veronika Güssregen, die nach dem Abitur eine Spezialausbildung für Orthopädieschuhe begann.

Wie weit entfernt sein Beruf des Abgeordneten – 2002 erstmals in den Bundestag gewählt – inzwischen von seiner Ausbildung ist, machte Stefan Müller deutlich, der 1995 eine Banklehre begann. Durch die Digitalisierung sei extrem viel verändert worden: "Ein Bankkaufmann hat heute eine andere Funktion als vor 20 Jahren". Die duale Ausbildung und Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Deutschland, so berichtete er überdies, werde im Ausland immer wieder nachgefragt und geschätzt, sei gleichwohl nicht einfach übertragbar.

"Kollaborativ sein" hält Dagmar Jakob, bei adidas für die Auszubildenden zuständig, für einen entscheidenden Zug im Berufsleben heutzutage. Beim Sportartikelproduzenten absolviert die Hälfte der Azubis ihr zweites Ausbildungsjahr nun im Ausland. Über "Erasmus plus der EU" gibt es auch für Handwerker die Chance, sich ins Ausland austauschen zu lassen.

Bildergalerie: www.nordbayern.de/herzogenaurach

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