Besuch in der Cadolzburger Werkstatt der Stelen

8.1.2015, 06:00 Uhr
Besuch in der Cadolzburger Werkstatt der Stelen

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Wild sprengen die Funken auseinander, wenn Schlossermeister Thomas Hürner zusammen mit seiner Auszubildenden Jasmin Sauer das glühende Metall bearbeitet. Im Hintergrund schwelt die Steinkohle auf dem Schmiedeofen – eine Szene, wie sie sich auch vor Jahrhunderten kaum anders abgespielt hätte.

Besuch in der Cadolzburger Werkstatt der Stelen

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„Die Stelen und ihre Figuren sind mit allen traditionellen handwerklichen Mitteln gestaltet“, erläutert Hürner. Gemeißelt sind die Inschriften, in Form gehämmert die glühenden Figuren. Moderne Laserschnitttechniken bleiben außen vor, „das zeigt den Charakter jeder einzelnen Stele“. Mit Hand und Herz und Geist haben die Schlosser jedes der zwölf Kunstwerke von den ersten Entwürfen bis zur Enthüllung an ihrem Standort begleitet.

Besonders stolz ist der Firmeninhaber dabei auf Jasmin Sauer. Die 19-jährige Auszubildende habe ein echtes Talent dafür entwickelt, die Bibelsprüche figürlich darzustellen. Dabei ist sie erst seit September im Betrieb, noch dazu als erste Frau bei Hürner in diesem Ausbildungsberuf. „Es gefällt mir, wenn jemand mit so viel Begeisterung an die Arbeit geht“, lobt der Meister seine Mitarbeiterin. „Frauen sind ja oft kreativer und Jasmin geht richtig in ihrer Aufgabe auf.“

Die junge Langenzennerin wiederum schätzt die Möglichkeiten, die ihr Feuer und Metall eröffnen. „Ich war schon immer künstlerisch interessiert und bei dem Stelen-Projekt kann ich eigene Ideen umsetzen“, sagt Jasmin Sauer. Die Entscheidung, statt zu studieren einen Handwerksberuf zu erlernen, hat die Abiturientin jedenfalls nicht bereut. Dass sie die einzige Frau in der Werkstatt ist, sei gar kein Thema. Der Arbeitsalltag mit lauter Männern? „Ist doch wunderbar“, erklärt sie mit einem breiten Lachen. Ihr Chef hatte in dieser Hinsicht überhaupt keine Bedenken, „weil wir lauter aufgeschlossene Mitarbeiter haben“.

Die zwölfte und letzte Stele, die Anfang Dezember errichtet worden ist, trägt den Bibelspruch aus dem 1. Korintherbrief „Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.“ Ein Motto, das Pfarrer Michael Büttner als Überschrift für die ganze Aktion gelten lässt. „Er passt zum Gesamtgedanken der Nächstenliebe, der dahinter steckt“, meint Büttner, der auch Vorsitzender des Wohltätigkeitsvereins ist. Zwar stammten alle Sprüche aus der Bibel, doch habe man bei der Auswahl Wert darauf gelegt, allgemeine ethische Grundsätze zu artikulieren. So könne sich jeder Cadolzburger angesprochen fühlen, unabhängig von Religion und Herkunft.

Mit ihrer Spende haben die Sponsoren des Projekts zur Verschönerung des Orts beigetragen, während der Wohltätigkeitsverein für jede Stele 500 Euro an eine soziale Einrichtung, etwa an die Tafel oder an Kitas, spendete. Die feierliche Einweihung der Kunstwerke habe dann beinahe Eventcharakter angenommen, was Büttner doch ein wenig überraschte. „Da herrschte eine Atmosphäre zwischen besinnlich und locker und anschließend saßen alle noch gemütlich beisammen“, sagt er erfreut.

Für Thomas Hürner waren die zwölf Aufmerkstelen indes nicht die ersten Kunstwerke, mit denen er Cadolzburgs öffentlichen Raum gestaltete. Am nördlichen Ortseingang begrüßt eine stählerne Burgsilhouette Bürger und Gäste am Kreisverkehr, und auch die Stelen des „Maulaffenecks“ stammen aus seiner Werkstatt. Dass er das Ortsbild in gewisser Weise mitgestalte, „lässt sich nicht leugnen“, wie er bescheiden meint. Dabei habe er sich jedoch nicht aufgedrängt, „die Leute sind halt auf mich zugegangen“.

Jetzt sei er wohl ein Ansprechpartner für das Kunsthandwerk in der Marktgemeinde geworden. Doch könnten sich künftig ebenso Kollegen aus anderen Handwerksberufen einbringen, findet er. „Warum soll das nicht auch mal ein Holzerer machen?“, fragt er sich. An Kreativität mangele es in Cadolzburg jedenfalls nicht.

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