Bier und Bollerwagen: Sind das die Männer von heute?

24.5.2017, 10:35 Uhr
Am Vatertag wanderten viele Gruppen mit einem mit Bier, Schnaps und Einweggrill beladenen Bollerwagen zu den verschiedensten Wanderzielen.

© Patrick Seeger, dpa Am Vatertag wanderten viele Gruppen mit einem mit Bier, Schnaps und Einweggrill beladenen Bollerwagen zu den verschiedensten Wanderzielen.

"Am exzessivsten feiern oft jene Männer, die noch gar keine Kinder haben", sagt Männerberater Uwe Meinhardt aus Schwaben. An den feucht-fröhlichen Herrenpartien mit den vielen "Bierleichen" am Ende des Feiertages beteiligen sich aber längst nicht alle Väter. "Was dabei so auffällt, mit Bierfass und Bollerwagen - das ist doch nur eine Facette der Männerwelt von heute und nicht repräsentativ", sagt Andrea Bartels, Leiterin der Familienbildungsstätte Ulm. Dort werden - wie in vielen anderen deutschen Städten - Kurse und Gesprächsgruppen speziell für Männer angeboten.

"Da können sich Männer jenseits von Fußballplatz oder Kneipe in einem geschützten, vertraulichen Rahmen austauschen", sagt Bartels. Die Nachfrage nach Angeboten für Männer ist dabei spürbar gestiegen. Auch in der Metropolregion Nürnberg sind Kurse für Väter gemeinsam mit ihren Kindern besonders beliebt - ob kirchliche Vater-Kind-Freizeiten, "Naturforscher"-Kurse, Frühstückstreffs für große und kleine Männer im Stadtteilhaus oder Papa-Kind-Gruppen für Väter in Elternzeit. 

Babysitten statt Büroarbeit: Viele Väter entscheiden sich dafür, dies temporär zu machen. Der Spagat zwischen Beruf und Familie fordert ihnen einiges ab.

Babysitten statt Büroarbeit: Viele Väter entscheiden sich dafür, dies temporär zu machen. Der Spagat zwischen Beruf und Familie fordert ihnen einiges ab. © dpa

Die gestiegene Nachfrage entspricht einem bundesweiten Trend. Immer mehr Väter wollen, wie Studien belegen, über das althergebrachte Rollenbild vom Erzeuger und Ernährer hinauswachsen und sich stärker in die Betreuung und Erziehung ihres Nachwuchses einbringen. Jeder dritte Vater geht inzwischen in Elternzeit. Allerdings übernehmen selbst diese Väter die Kinderbetreuung meist für weit kürzere Zeit als Mütter. Während viele andere Väter wohl durchaus gern eine Auszeit fürs Kind nehmen möchten, sich aber nicht trauen. Einen Grund erlebt Männerberater Uwe Meinhardt nahezu täglich: "Viele Männer schrecken davor zurück, weil sie sich im Job unter Druck gesetzt fühlen", sagt der 60 Jahre alte Pädagoge.

Potenzsorgen und Dauerstreit mit der Schwiegermutter

Im Spektrum der Männerprobleme, die der Berater in seinen vertraulichen Sprechstunden zu hören bekommt, nehme die Arbeitswelt – neben der Beziehung zu Frau und Kind, Potenzsorgen oder auch mal einem Dauerstreit mit der Schwiegermutter – sehr großen Raum ein, sagt er: "Die Wirtschaft verlangt den ganzen Mann und wer Karriere machen will, muss oft besonderes Engagement demonstrieren, da wird dann rasch der Zwölf-Stunden-Tag zur Regel", sagt Meinhardt.

Freilich machten Frauen diese Erfahrung oft in noch schärferer Form. Dass Männer nicht selten "außen hart und innen ganz weich" sind, wie Herbert Grönemeyer einst textete, erlebt der Männerberater immer wieder. "Viele haben von ihren Vätern mit auf den Weg bekommen, dass wir stark sein und für die Familie sorgen müssen. So manchem fällt es daher sehr schwer, um die Hilfe zu bitten, die er eigentlich bräuchte."

Lautstarke Männer-Partys können dieses Defizit natürlich kaum wett machen. An der Familienbildungsstätte Ulm soll es deshalb nächstes Jahr ein besonderes Himmelfahrts-Alternativangebot für Väter geben: "Unterwegs mit Kind, Buch und Bollerwagen."

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