Bisher keine Anträge für drittes Geschlecht bei Standesämtern

3.1.2019, 14:10 Uhr
Neben "männlich" und "weiblich" können Menschen im Geburtenregister seit diesem Jahr auch die Option "divers" eintragen lassen.

© Sudowoodo/gettyimages.de Neben "männlich" und "weiblich" können Menschen im Geburtenregister seit diesem Jahr auch die Option "divers" eintragen lassen.

Der Bundestag hatte die Einführung des dritten Geschlechts im Dezember beschlossen und damit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Dieses hatte die bisherige Pflicht, einen Menschen dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuzuordnen, als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot gewertet. Vorausgegangen war die Klage eines Betroffenen.

Laut offiziellen Schätzungen sind rund 160.000 Menschen in Deutschland intersexuell, das sind rund 0,2 Prozent der Bevölkerung. Sie sind anatomisch oder hormonell nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen. Anders als Transsexuelle, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen.

Informationen zum Verfahren trudelten erst vor Kurzem ein

Den Standesämtern in Lauf, Röthenbach, Schnaittach und Eckental lagen zu Jahresbeginn keine Anfragen von Betroffenen vor, die einen Eintrag unter "divers" im Geburtenregister möchten. Erst Mitte der Woche trudelten in den Behörden offizielle Informationen dazu ein, wie im Falle eines Falles konkret zu verfahren ist.

Mehrere Seiten umfasst das Schreiben, das Alexander Schmidt vom Eckentaler Standesamt am Mittwochvormittag frisch im Posteingang fand. "Da muss ich mich jetzt erstmal einlesen", so Schmidt. Ähnlich geht es der Leiterin des Röthenbacher Standesamtes, Stefanie Beck. "Wir wissen auch noch nicht, welche Dokumente wir für den Eintrag benötigen."

Im Vorfeld der Entscheidung des Bundestages war darüber diskutiert worden, ob Intersexuelle für den Eintrag als "divers" im Geburtenregister ein Attest benötigen oder ob eine eidesstattliche Versicherung ausreichend ist. Ersteres, so kritisieren Interessenverbände, diskriminiere die Betroffenen erneut. Zu dem Vorschlag des Bundesverfassungsgerichtes, auf einen Eintrag des Geschlechts in Dokumenten künftig ganz zu verzichten, hatte sich der Bundestag nicht durchringen können.

Auswirkungen auf Stellenanzeigen und Hinweisschilder

Dass es in Deutschland jetzt drei Geschlechter gibt, hat auch Auswirkungen auf das Arbeitsrecht, etwa auf Stellenanzeigen, die nun drei Geschlechter ansprechen müssen.

Auch Hinweisschilder im öffentlichen Raum müssen die Existenz der drei Geschlechter berücksichtigen. Intergeschlechtliche Menschen müssen zudem auch im offiziellen Schriftverkehr der Behörden erwähnt werden. Wie diese die Existenz des dritten Geschlechts in Zukunft in der Anrede lösen, ist noch offen. "Ich habe keine Ahnung, wir haben auch dazu noch keine Information", sagt Stefanie Beck.

Bislang gibt es keine offizielle Anrede für das dritte Geschlecht. Verschiedene Formen der gendergerechten Sprache existieren nebeneinander. Die Schreibweise mit "Genderstern" etwa in "Bürger*innen" ist die einzige etablierte Variante, die das dritte Geschlecht einbezieht.