Breiter Protest gegen die Stromtrasse

1.10.2014, 13:00 Uhr
Breiter Protest gegen die Stromtrasse

© Berny Meyer

„Wie Perlen an einer Schnur reihen sich die Bürgerinitiativen gegen die Stromtrasse östlich von Nürnberg bereits aneinander“, beschrieb Schechinger den Widerstand dort, wo die Vorzugsvariante verlaufen würde. Weshalb er es inzwischen für recht unwahrscheinlich hält, „dass die Trasse, wenn sie denn kommt, wirklich östlich von Nürnberg vorbei geführt wird“.

Zugleich aber sei der Bürgerwiderstand gegen die westliche Alternativroute – die durch den Landkreis und unter anderem über Veitsbronner Gebiet verläuft – immer noch nicht breit genug aufgestellt, erklärte er den rund 70 Bürgern im Saal des Rangaustüberls. Während sich Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte in einer Anti-Trassen-Resolution bereits klar positioniert hätten, komme der Protest innerhalb der Bevölkerung bisher nur schleppend in Fahrt: „Wir brauchen mehr BIs gegen die westliche Trassenalternative“, forderte Schechinger – und leistete hierfür in der folgenden knappen Stunde Überzeugungsarbeit.

Als Maßstab für Sinn oder Unsinn der HGÜ-Trassenplanung zog er das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) heran. Als Ziele der Energiewende festgeschrieben sind dort Veränderungen „im Interesse des Klima- und Umweltschutzes“ mit dem Zweck, „fossile Energieressourcen zu schonen“ und „den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern“ sowie letztlich auch Kosten zu senken.

Punkt für Punkt zeigte Schechinger im Folgenden auf, dass die HGÜ-Trasse kein einziges dieser Ziele erfülle. Vielmehr diene sie nur dem Erhalt der Kohlekraftwerke im Osten Deutschlands. Mit aktuellen Studien und Zitaten hochrangiger Wirtschaftsexperten belegt, beleuchtete er kurzweilig und informativ die Zusammenhänge und Verflechtungen der vier großen Energiekonzerne E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall samt der ihnen eng angebundenen vier Netzbetreiber TenneT, Amprion, 50hertz und Transnet. Vorrangig sei deren gemeinsames Ziel immer noch die Gewinnoptimierung, notfalls auch auf Kosten von Anwohnern und Steuerzahlern.

Das in Schöneiche bei Berlin ansässige „Ingenieurbüro für Umwelt und Energie“ habe sich bei der Trassenplanung ausschließlich am jeweils vorhandenen „Raumwiderstand“ orientiert, führte Schechinger aus. Das Fachwort bezeichnet die Gebiete der Landkarte, deren Eigenschaften eine Trassenführung von vorneherein einschränken oder ausschließen. Truppenübungsplätze zum Beispiel seien außen vor: „Für den alternativen westlichen HGÜ-Trassenverlauf gibt es laut Karte aber nur wenig Raumwiderstand.“ Und: „Nur weil über das Thema nicht mehr viel berichtet wird, ist es noch lange nicht vom Tisch. Die Trasse ist näher, als wir glauben.“

Auch auf Gesundheitszusammenhänge ging Schechinger ein. Da überirdischer Gleichstrom, anders als Wechselstrom, Staubpartikel und Luftmoleküle elektrisch auflade – sogar bis weit über europäische Grenzwerte hinaus – sei bei der HGÜ-Trasse die Entstehung einer „ionisierten Raumladungswolke“ aus solchen Partikeln zu erwarten, „die dann auch Retzelfembach, Raindorf und Veitsbronn überfliegt“.

Krebsrisiko im Visier

Zwar gebe es immer noch keine gesicherten Langzeitstudien zum Zusammenhang solcher Wolken mit erhöhten Krebserkrankungen. Doch genau mit diesem Krebsrisiko werde elektrobranchenintern bereits für die unterirdische Kabelverlegung geworben, erläuterte Schechinger anhand von Quellen: „Das erklärt auch, warum die Masten der Gleichstromtrasse mit 75 Metern fast so hoch geplant sind wie die Nürnberger Lorenzkirche.“

Sein ernüchterndes Fazit: „Die Trasse ist überflüssig. Sie schadet sogar der Energiewende.“ Und der eindringliche Appell an die Anwesenden: „Wir brauchen Menschenwiderstand statt Raumwiderstand.“ Der sollte sich denn auch prompt formieren: Am Ende des Infoabends wurden drei neue Bürgerinitiativen gegen die HGÜ- Trasse ins Leben gerufen. In Raindorf, Retzelfembach und Veitsbronn, für jeden Ortsteil eine.

Der Obermichelbacher BI-Vorsitzende macht unterdessen weiter mit seiner Mission, die Bürger und Kommunen entlang des westlichen Trassenverlaufs zum Protest aufzurufen: Einen weiteren Infoabend plant er in Tuchenbach.

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