Cadolzburg: Pluspunkte eines 20-Millionen-Projekts

25.7.2015, 06:00 Uhr
Cadolzburg: Pluspunkte eines 20-Millionen-Projekts

© Foto: Thomas Scherer

Die Intention der Bürgerversammlung war, alle Interessierten können sich über die nicht-öffentlichen Besprechungen, die in der sogenannten Projektwerkstatt zur Umgehung stattfanden, informieren. Um fünf Fragen ging es an diesem Abend: Wie verändern sich die Verkehrsströme? Wie stark belastet eine Umgehung die Umwelt? Wie kann die neue Straße in die Landschaft integriert werden? Was wird aus der jetzigen Ortsdurchfahrt? Was kostet das Projekt?

Verkehrsexperte Matthias Kölle geht von einer grundsätzlichen Zunahme des Verkehrs aus. Bleibt die Situation in Cadolzburg, wie sie ist, dann gibt er den Knotenpunkten vom Kreisel über die verschiedenen Einmündungen der Nebenstraßen längs der Ortsdurchfahrt nur schlechte Noten. Verbesserungen, auch für Fußgänger oder Radfahrer, seien kaum möglich, dies liege unter anderem an der geringen Straßenbreite. „Die Ortsdurchfahrt ist ohne Umgehung nicht mehr leistungsfähig“, war Kölles Fazit.

900 Fahrzeuge mehr

Komme hingegen die Umgehung, werde die Ortsdurchfahrt um 7000 bis 8000 Fahrzeuge pro Tag entlastet. Die aus dem Publikum geäußerte These, nach der neue Straßen erheblich mehr Verkehr anziehen, konnte er nicht bestätigen. Nach seinen Berechnungen sei zusätzlich mit etwa 900 Fahrzeugen in 24 Stunden aus dem überregionalen Verkehr zu rechnen.

Eine lebendige Natur zwischen der Besiedlung entdeckten Ökologin Kirstin Weese und ihre Kollegen rund um Cadolzburg. Sowohl im Westen wie auch im Osten leben seltene Vögel, darunter die Hohltaube oder der Kiebitz, es finden sich zahlreiche Fledermausarten und die Zauneidechse. Den Bestand einer Tierart sah Ökologin Weese durch das Projekt nur im Fall der Zauneidechse gefährdet, aber hier meinte sie, sei „eine Ausnahmegenehmigung“ denkbar. Auch die Auswirkungen auf den Menschen gehören in Weeses Fachgebiet, hier dreht es sich um den Verkehrslärm. Ohne Umgehung leiden insbesondere die Cadolzburger, die in den Häusern an der Ortsdurchfahrt leben. Die dort gemessenen Dezibelwerte sind selbst nachts so hoch, dass sie als gesundheitsschädlich gelten. Eine Umgehung würde die Bürger deutlich entlasten.

Und belastet sie dafür die Anwohner der Außenorte? Die dazu hochgerechneten Werte fielen gering und nicht gesundheitsbedenklich aus. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass der Lärmschutz beim Bau großen Stellenwert bekommen soll. Insgesamt gab Weese den östlichen Umgehungsvarianten die etwas besseren Noten als den westlichen.

Wie die neue Straße in die Umgebung integriert werden kann, dazu hatte Landschaftsarchitekt Gerd Aufmkolk sogenannte Visualisierungen mitgebracht, auf denen die Umgehung in einer Art Grüngürtel beinahe verschwand. Sie soll teils tiefergelegt unterhalb der Besiedlung verlaufen. Steile Gabionenwände halten den Lärm ab. Außerdem wird in Richtung freie Landschaft eine Baumreihe gepflanzt, in Richtung Wohnhäuser soll Platz für Wäldchen oder einige Wiesen und Ackerflächen bleiben.

Wenn die Umgehung einst gebaut ist, kann auch die bisherige Ortsdurchfahrt aufgemöbelt werden, war dem Vortrag von Ingrid Burgstaller zu entnehmen. Neues Pflaster, breitere Gehsteige oder kleine Plätzchen bringen Aufenthaltsqualität. Maßnahmen, die aber die Gemeinde bezahlen müsste, eventuell mit Beteiligung der dortigen Anlieger, denn die jetzige Staatsstraße würde nach dem Umgehungsbau zur Gemeindestraße herabgestuft.

Ganz zum Schluss rückte Rainer Popp, für die Planung federführend beim Staatlichen Bauamt, mit den Kosten heraus. Je nach Länge, je nach nötigen Brücken, Kreiseln oder Tunnel fallen zwischen 15 bis 22 Millionen Euro an, die aus der Kasse des Freistaats kommen. Popp nannte die Zahlen belastbar „plus, minus zehn Prozent“.

Raum für Diskussion war nach den Fachvorträgen kaum. Dennoch sammelten die Experten mehr als 100 Fragen ein, die bis spät in Nacht aufgearbeitet wurden, auch wenn sich die Zuhörerreihen nach und nach leerten.

Nächste Termine für die Öffentlichkeit sind im Oktober die Projektmesse, bei der die Experten persönlich Fragen beantworten, außerdem wird es eine Versammlung geben, bei der die Projektwerkstatt ihren Straßenfavoriten vorstellt. Danach wird der Marktgemeinderat das Thema beraten, die vermutlich letzte Entscheidung sollen die Bürger in einem Ratsbegehren im Jahr 2016 haben.

Ein Bürger wagte schon jetzt eine Prognose, wie alles ausgehen wird: „Am Schluss heißt es, Cadolzburg braucht eine Ortsumgehung, und zwar die Ostumgehung.“

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