Cadolzburg: Wohnen mit Burgblick

17.1.2016, 14:00 Uhr
Cadolzburg: Wohnen mit Burgblick

© Hans-Joachim Winckler

Vermutlich entstammten die ersten Bauherren einer bäuerlichen Familie, die zugleich eine Metzgerei und eine Gastwirtschaft betrieb. Mitte des 17. Jahrhunderts wagten sie eine enorme Investition und bauten an exponierter Stelle am Marktplatz ein Haus mit einem prächtigen Ziergiebel, teils aus Sandstein, teils aus Fachwerk.

Es wird noch geforscht

Cadolzburg: Wohnen mit Burgblick

© Foto: Winckler

Viel ist über die Entstehung des Gebäudes und die Vorbesitzer nicht bekannt, auch wenn der aktuell mit dem Umbau beauftragte Architekt Stefan Ender weiß, dass sich die Cadolzburger über das Haus viele Anekdoten und Geschichtchen erzählen: „Jeder weiß etwas darüber.“ Doch das wenigste ist historisch fundiert. Derzeit gibt es noch Forschungen im Staatsarchiv dazu und natürlich lassen sich anhand der Befunde aus dem alten Gebälk Rückschlüsse ziehen.

Dendrochronologische Analysen sind in Auftrag gegeben. Das Zungenbrecherwort bedeutet nichts anderes, als dass dem Bauholz Proben entnommen werden. Anhand der Zahl der Jahresringe können Experten ablesen, wann die Bäume gefällt wurden und sich damit dem Baudatum annähern.

Aber auch ohne Fachwissen ist zu erkennen, dass es immer wieder zu Anbauten und Erweiterungen bis hinein ins 20. Jahrhundert kam, einschließlich eines Schlachthauses im rückwärtigen Garten, das vom Markt aus nicht zu sehen ist. Einen Teil davon möchten Architekt und Investor abreißen lassen.

Selbst über schreckliche Ereignisse verrät das alte Holz so einiges. So ist an einer Wand des Hauses deutlich zu erkennen, hier muss es einst gebrannt haben. Die Balken tragen eine schwarze Patina.

Definitiv kein Abriss ist am Dach nötig. Die Zimmerleute von einst müssen wahre Meister ihres Fachs gewesen sein, denn das Dachgebälk, das zum größten Teil wohl noch aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammt, kann so erhalten bleiben.

Spätere Eingriffe haben dem Haus hingegen geschadet, auch weil sie ohne Rücksicht auf die Statik geschahen. Tragende Balken wurden einfach entfernt oder liegen nicht mehr richtig auf. Türen und Fenster wurden dilettantisch zugemauert. Mit Eisenkrallen sollten wacklige Stellen ausgebessert werden. „Hier waren Menschen tätig, die nicht viel Ahnung hatten“, sagt Architekt Ender beschönigend.

Die Folgen der Unkenntnis muss nun Investor Leyendecker bezahlen. Allein um die Statik zu erhalten, denn das Haus neigt sich bereits an der ein oder anderen Stelle, sind geschätzte 250 000 Euro fällig. Wie hoch die Gesamtinvestition ausfällt, ist jetzt noch nicht absehbar. „Ich habe eine Liebe zu alten Häusern“, sagt Hendrik Leyendecker, der selbst in Nürnberg in einem denkmalgeschützten Anwesen lebt. „Wie sähen denn unsere Innenstädte aus, wenn man nicht immer wieder Geld in die alte Bausubstanz stecken würde?“, fragt er und setzt darauf, dass Cadolzburg nach der Fertigstellung des Burgmuseums ein noch attraktiverer Wohnstandort wird.

Künftig sollen in dem Haus am Marktplatz sieben Wohnungen unterschiedlichsten Zuschnitts mit einer Gesamtfläche von rund 680 Quadratmetern zu finden sein. Einige davon mit exklusivem Burgblick.

Sehr individuell

Die Grundrisse der Wohnungen werden wegen der alten, verschachtelten Substanz sehr individuell ausfallen. Zwei besondere Immobilien mit Loftcharakter entstehen im alten Schlachthaus und in der ehemaligen Scheune.

Im zum Marktplatz ausgerichteten Erdgeschoss stellt sich Leyendecker einen Laden für Kunstgewerbe oder ein Café vor. „Es muss etwas sein, das zum Ensemble von Burg und Markt passt“, wünscht er sich. Er selbst wird die Wohnungen und das Ladengeschäft nicht verkaufen, sondern vermieten.

Bevor die ersten Mieter einziehen, muss noch viel Arbeit in das Gebäude gesteckt werden. Im Frühjahr, so Architekt Ender, soll es losgehen. Wie lange es dauert, wagt noch niemand zu sagen, alte Häuser stecken voller Überraschungen.

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