Der unsportliche Bruder-Zwist von Adidas und Puma

11.1.2011, 05:51 Uhr
Der unsportliche Bruder-Zwist von Adidas und Puma

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Brigitte Baenkler-Dassler war auch über die Grenzen von Herzogenaurach hinaus bekannt – nicht nur als Tochter, sondern vor allem als Geschäftsfrau. Eine „mit Herz“, wie es immer wieder heißt. Mehrere Hundert Menschen gaben ihr das letzte Geleit – darunter die ehemalige Politikerin und Strauß-Tochter Monika Hohlmeier. Baenkler-Dassler war die Patin ihres Sohnes. Im Trauerzug sind auch Ex-ZDF-Moderator Dieter Kürten, der Sternekoch Alfons Schuhbeck, Schauspieler Bobby Brederlow sowie zahlreiche lokale Politiker. Auch Adidas-Chef Herbert Hainer kommt mit Frau. Puma-Chef Jochen Zeitz schickt einen Kranz.

In der Geschichte beider Unternehmen kommt ihr eine besondere Rolle zu: die der Friedensstifterin. Vor knapp fünf Jahren richtete sie in ihrem Hotel, dem Hotel Herzogspark, eine große Feier aus und lud den ganzen Dassler-Clan ein – die Adidas-Linie und die mit ihr seit Jahrzehnten verfeindete Puma-Linie, die Kinder und Kindeskinder ihres Onkels Rudolf Dassler. Die Leidenschaft für den Sportschuh hatte die zwei Brüder Adolf und Rudolf Dassler erst geeint und groß gemacht, die Familien dann entzweit – bis weit über den Tod der Brüder hinaus.
Es ist das Jahr 1920. Adolf Dassler, von allen nur Adi genannt, steht in der ehemaligen Waschküche seiner Mutter. Aus dem wenigen brauchbaren Material, das der Krieg übrig gelassen hat, näht und klebt er Sportschuhe zusammen. Von Adis Besessenheit lässt sich später auch sein zwei Jahre älterer Bruder Rudolf anstecken. Zusammen gründen sie die „Gebrüder Dassler Schuhfabrik“. Adi und Rudolf ergänzen sich gut, trotz ihrer Unterschiedlichkeit. Adi tüftelt am liebsten vor sich hin, Rudolf ist mit seiner extrovertierten Art der geborene Verkäufer. Die gemeinsame Firma wächst schnell, so dass sie in ein leerstehendes Fabrikgebäude umziehen. Es läuft so gut, dass die Brüder ein Haus für die ganze Familie errichten lassen.

1928 heiratet Rudolf Friedl, Adi sechs Jahre später die 16-jährige Käthe. Auch die beiden Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein: Käthe ist lebhaft, kontaktfreudig. Schnell hat sie ihren Platz im Unternehmen gefunden, was ihr in der konservativen Dassler-Familie weniger gut gelingt, wie Barbara Smit in ihrem Buch „Drei Streifen gegen Puma“ schreibt. Rudolfs Frau Friedl hingegen fügt sich leicht ein, ist eine tadellose Hausfrau. Es gibt Spannungen zwischen den Frauen, die auch das Verhältnis der Brüder belasten.

Der Bruch kommt in der Zeit des Nationalsozialismus. Das Unternehmen der Dasslers rückt erst in den Fokus von Hitler, als die Olympischen Spiele 1936 anstehen. Der Führer will Siege deutscher Athleten sehen. Adi aber stattet Jesse Owens mit seinem Schuh aus – einen afroamerikanischen Sprinter und Weitspringer. Owens holt vier Goldmedaillen. Hitler ist verärgert.

Im Krieg wird Rudolf eingezogen, Adi nicht. Die Behörden erklären ihn – im Gegensatz zu seinem Bruder – für unabkömmlich. Als Rudolf Dassler nach dem Krieg von amerikanischen Soldaten festgenommen wird, weil er für den Sicherheitsdienst spioniert haben soll, glaubt er, denunziert worden zu sein – von Bruder und Schwägerin. 1948 zieht Rudolf mit seiner Familie aus dem gemeinsamen Haus aus, die Brüder teilen die Firma auf. Der eine nennt sein Unternehmen Adidas, der andere Puma. Den Wettbewerb der Brüder, der vor allem über große Namen im Fußball ausgetragen wird, setzen später Adis Sohn Horst und Rudolfs Sohn Armin fort – mit aller Härte. Doch ihnen ist nicht die Fortune ihrer Väter beschieden.

Nur wenige wissen wohl, dass auch Brigitte Baenkler-Dassler bei Adidas tätig war und versucht hat, das große Erbe ihres Vaters zu mehren. „Wir sind Brigitte Baenkler-Dassler für ihr erfolgreiches Wirken für unser Unternehmen zu tiefem Dank verpflichtet“, heißt es in einer Stellungnahme von Adidas. „Als langjähriges aktives Familienmitglied baute sie in den 1970er und 1980er Jahren unser Osteuropageschäft und internationale Sportbeziehungen auf.“

Doch auch sie kann das Erbe nicht retten: Über all den Streitereien haben beide Familien übersehen, dass der ehemalige US-Mittelstreckenläufer Phil Knight an beiden vorbeizieht – mit seiner Firma Nike. In den 80er Jahren geraten beide Firmen in Schieflage, die Familien verkaufen ihre Anteile. Adidas gehört heute Aktionären, Puma mehrheitlich dem französischen Luxus-Konzern PPR.

Brigitte Baenkler-Dassler hat mit dem Hotel Herzogspark ein Stück Adidas-Geschichte in den Familienbesitz gerettet, als sie 1991 das frühere Adidas-Sporthotel von Adidas zurückkauft und daraus das Hotel Herzogspark machte. Hier geben sich heute namhafte Sportler die Klinke in die Hand – in Adidas- und Puma-Outfits.

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