Die stummen Zeiten von St. Georg sind vorüber

17.4.2015, 13:00 Uhr
Die stummen Zeiten von St. Georg sind vorüber

© Foto: Brigitte Riemann

Sie thront über dem Ort, als könne ihr nichts etwas anhaben. Und irgendwie ist das auch so. Vom Dreißigjährigen Krieg zeugen noch die Schwert- und Axthiebe der Belagerer in der dicken Kirchentür und selbst das Feuer, das Laubendorf damals zerstörte, überstand die Kirche, mit ihr die alten Eichenbalken in der Glockenstube und die beiden Glocken.

Entstanden sind sie um das Jahr 1500 in der renommierten Nürnberger Gießhütte der Familie Glockengießer. Doch im Herbst 2012 war es für keinen mehr zu überhören: Die Glocken läuteten nicht mehr harmonisch. Kurz darauf verstummte die große Glocke vollkommen, der Klöppel war verrostet und herausgefallen. Ein Gutachten über die zwei historischen Kleinode wurde erstellt und mit diesem kam die unglaubliche Geschichte der großen Glocke wieder in Erinnerung: 1942 wurde sie ausgebaut und weggebracht, um für Geschütze eingeschmolzen zu werden.

Viele Laubendorfer trauerten ihrer alten Glocke sehr nach. Niemand rechnete damit, dass sie jemals wieder im Turm hängen würde. Doch im Juli 1947 kam der Keidenzeller Kirchenvorsteher mit dem Milchauto ins Dorf, statt Milch hatte er Glocken geladen, darunter auch die aus der Kirche St. Georg. Sie war mit vielen anderen auf einem Schiff in Würzburg gefunden worden. Beim Abholen der eigenen Glocke hatte der Kirchenvorsteher die aus Laubendorf entdeckt und mit aufgeladen.

Doch das Abenteuer ging weiter. Fünf Jahre später verstummte die Glocke eines Tages mitten unter dem Läuten. Der Klöppel war weg und wurde nach langem Suchen im Heu einer benachbarten Scheune gefunden. Er hatte sich gelöst und war durch die Schallöffnung des Kirchturms über die Straße und durch das Scheunendach geflogen. Die unsanfte Behandlung im Zweiten Weltkrieg hatte die alte Glocke stark beschädigt. Schon in den 50er Jahren wurde ein 60 Zentimeter langer Riss geschweißt. Laut aktuellem Gutachten war der Riss wieder da und auch in der kleinen Glocke klaffte einer.

Doch damit nicht genug. Die seitenlange Abhandlung der Gutachterin enthielt eine lange Liste mit vielen weiteren Schäden und Mängeln im Laubendorfer Kirchturm. Auf 17 000 Euro summierten sich die Renovierungskosten. „Wir dachten, das schaffen wir nie“, erzählt Pfarrerin Christine Heilmeier. Doch die kleine, knapp 340 Mitglieder zählende evangelische Gemeinde hat es gepackt. Zwischen März und Dezember 2014 wurden sämtliche Schäden behoben.

Die Risse mussten zum Glück nicht aufwändig geschweißt werden. Stattdessen konnten sie durch eine Drehung der Glocken entlastet werden. Die vielen Abnutzungsspuren in den Glocken zeigen, dass dieser Trick schon häufiger zum Einsatz gekommen ist. Deshalb war dies die letzte mögliche Glockendrehung. „Das muss jetzt einfach für die nächsten 50 Jahre halten“, hofft Pfarrerin Heilmeier.

Am Sonntag feiert Laubendorf die große Wiedereinweihung des Kirchturmgeläuts. Um 9 Uhr beginnt der Gottesdienst mit einer gereimten fränkischen Predigt des Regionalbischofs i. R. Christoph Schmidt. Danach kann der Kirchturm bestiegen werden.

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