Diese Leichtigkeit, dieser Ausdruck, diese Virtuosität!

29.1.2019, 18:48 Uhr

Die Ladeshalle ist bestens besucht, viele junge Leute sind gekommen. Der Beifall, die Pfiffe, die Begeisterung ist nach anfänglichem Aufwärmen groß, mündet am Ende des Konzerts in euphorischen Jubel, die Künstler werfen die erhaltenen Blumen schwungvoll ins Publikum zurück.

Zunächst ist das mit dem exaltierten serbischen Geiger Nemanja Radulovic, die kohlschwarzen, langen Haare zu einem wilden Pferdeschwanz gebunden jedoch weniger Show, sondern mit Bela Bartoks "Rumänischen Volkstänzen" ein musikantischer Konzertbeitrag. Zu dem jungen Ensemble (in der Lebensspanne zwischen 30 und 43 Jahren) um Radulovic gehören drei ebenso bühnenwirksame, publikumsbegeisternde und hochprofessionelle, ja elitäre, musikalische Mitstreiter wie die lettische Akkordeonistin Ksenija Sidorova, die französische Pianistin Laure Favre-Kahn und der österreichisch-ungarische Klarinettist Andreas Ottensamer. In wechselnden Kombinationen musizieren die vier miteinander, mal solistisch, mal als Duo, als Trio oder eben als Quartett. Sofort und immer ist die Klasse jedes einzelnen Mitglieds hörbar, spürbar, sichtbar mit ungemein lebhafter Musizierfreude, die das Publikum ergreift, mit einschließt.

Gewitzt und hoch virtuos

Mit allen Raffinessen sind die charakteristischen Klangfarben bei Bartok herausmusiziert. Musikalische Arbeit scheint es nicht zu geben, sondern nur musikalisches Temperament, Gestaltungsreichtum. Die Musik scheint bei jedem der vier im Moment neu zu entstehen. Mit Melancholie und Sentiment berührt Astor Piazzollas Tango "Café" (Klarinette und Akkordeon). Orchestral und kraftvoll überrascht Laure Favre-Kahn mit de Fallas berühmtem "Feuertanz"; die züngelnde Licht-Projektion mit rot-gelben Flammen verstärkt den musikalischen Effekt. Gewitzt und hoch virtuos machen sich die vier an Chatschaturjans reißerischen Säbeltanz. Andreas Ottensamer ist nicht nur der vielleicht herausragendste Klarinettist unserer Zeit, sondern zeigt auch beim vierhändigen Spiel mit Laure Favre-Kahn überraschende pianistische Qualitäten. Doch es kommen nicht nur Show-Arrangements in diesem Konzert, sondern eben auch Originalkompositionen zu Gehör.

Und das ist die eigentlich kluge Dramaturgie dieses Konzerts. So macht Andreas Ottensamer nur noch Staunen ob der wunderbar impressionistisch und burlesk gefärbten, teuflisch schweren Debussy-Rhapsodie: Diese Leichtigkeit, dieser Ausdruck, diese Virtuosität, diese Klangfarben!

Die ungemein bühnenpräsente, immer um sich herum lächelnde Ksenija Sidorova wählt mit der Akkordeon-Komposition "Revelation" (Offenbarung) von Sergej Voitenko ein besinnlicheres, wunderbar meditatives, melancholische Solostück. Wie alle anderen dieser "Show" ist sie eine glanzvolle, fantastische Musikerpersönlichkeit mit ungemeiner Ausstrahlung, von der man sich einfach mehr zu hören wünscht.

Radulovic brilliert mit Ravels Bravourstück "Tzigane". Nie ist dieses bekannte Werk so aufregend, so risikobereit, so atemberaubend, so zigeunerhaft folkloristisch interpretiert worden wie bei diesem serbischen Ausnahmegeiger! Hier mischt sich Konzert und Show.

Dynamisches Ensemble

Ein tolles, impressionistisch-folkloristisch changierendes Werk mit exotisch-modernen Kompositionseffekten ist Aram Chatscharturjans "Trio für Klarinette, Violine und Klavier".

Als finaler offizieller "Rausschmeißer" räumt das junge, fabelhafte und dynamische Ensemble mit Vittorio Montis "Csárdás" ab. Es ist — wie schon den ganzen Abend — ein virtuos-gewitzter musikalischer Schlagabtausch. So lebendig, so frei, so funkensprühend kann Musik nur bei Musikern klingen, die alle technischen und künstlerischen Grenzen überwunden haben. Die Zugabe von Bartoks "Schnell-Tanz" gewitzt mit dem As-Dur-Walzer von Brahms unterlegt , resümiert begeisternd das auf höchstem Niveau stehende Konzept dieser humorvoll-gekonnten Konzertshow.

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