Ehrenamtliche unterstützen Flüchtlinge in Burgthann

3.11.2014, 20:57 Uhr
Ehrenamtliche unterstützen Flüchtlinge in Burgthann

© privat

An warmen Tagen klappt Khalil seinen Stuhl aus und tankt ein wenig Sonne. Vor dem Eingang seiner Unterkunft sitzt er dann, sieht Autos kommen und gehen. Wenn ein Fahrer hupt, winkt Khalil und lächelt – man kennt sich mittlerweile.

Der wohl wichtigste Gegenstand im Gepäck des 32-jährigen Syrers ist ein Smartphone mit Internetzugang. Mancher würde sagen: ein Luxusgegenstand. Jeder, der Khalils Situation kennt, würde wissen: ein Grundbedürfnis. Das Telefon ist die einzige Brücke in die alte Heimat. Auf dem kleinen Display hofft er jeden Tag aufs Neue die Worte seiner Frau zu lesen: "Mir und unserem dreijährigen Sohn geht es gut. Wir leben."

Täglich heulten in seiner Heimat, die Hauptstadt Damaskus, die Sirenen. Sprengsätze explodierten in den Straßen, Bomben regneten vom Himmel. An ein normales Leben war nicht mehr zu denken. Seiner Tätigkeit als Software-Ingenieur konnte Khalil nicht mehr nachgehen.

„In meinem Land ist Krieg, mein Leben war täglich in Gefahr“, sagt er auf Englisch. Über die Lage in Syrien und über die Radikalen sagt er: „Wir sind Moslems, die sind Moslems. Aber wir sind nicht gleich. Töten ist nicht Teil unserer Kultur.“ Also floh er. In der Türkei bezahlte er einem Schlepper mehrere Tausend Euro. In einem klapprigen Boot schipperte er gemeinsam mit anderen Flüchtlingen über das Mittelmeer, bis er nach 13 Tagen die Küste Italiens erreichte.

Warum er seine Familie nicht mitgenommen hat? „Zu teuer, zu gefährlich.“ Khalil klammerte sich an die Hoffnung beziehungsweise das Versprechen der Schlepper: Wenn du erstmal in Deutschland bist, kann deine Familie auf sicherem Weg nachkommen. Einen Asylantrag wollte Khalil in Italien nicht stellen, denn er wusste: Nach der sogenannten Dublin-II-Verordnung muss jeder Flüchtling in dem Land bleiben, in dem er zuerst registriert wurde. Geld, um in Italien zu überleben, hatte er nicht. Was er hatte, gab er den Schleppern.

Khalil reiste weiter in den Norden. Mit dem Bus, der Bahn oder zu Fuß. Im Mai erreichte er Deutschland. Seit Ende Mai lebt er gemeinsam mit sieben Männern in Burgthann im ehemaligen „Tresor“, einem umgebauten Gasthaus.

In Zimmern mit zwei, drei und vier Betten schlafen die Männer. In einem Raum mit Küche und Fernseher verbringen sie gemeinsam Zeit. Die Männer verstehen sich gut, sie alle hat der Krieg im eigenen Land vertrieben. Unter ihnen sind Anwälte, Metzger, Handwerker. Einer von ihnen ist desertiert – kehrt er zurück in sein Heimatland, droht ihm die Exekution.

Anfangs wurden die Männer (und die Familie mit Kindern im Stockwerk darüber) von der Küche des Kreisverbands der AWO in Mimberg versorgt. Mittlerweile kochen sie selbst. Das Taschengeld reicht für Lebensmittel und neues Handyguthaben.

Ein paar mutige „Ersthelfer“ sind nicht an der Asylunterkunft vorbeigefahren. Sie sind auf die Syrer zugegangen, haben sich mit Händen und Füßen verständigt und gefragt, woran es mangelt. Seither stehen ein dutzend Stühle vor der Tür, für die Kinder und Erwachsenen gibt es Fahrräder, einen Computer und neue Klamotten.

Aus den einzelnen Helfern ist nun eine Helfergruppe geworden, die sich in regelmäßigen Abständen trifft, um Projekte zu koordinieren. Die Freiwilligen helfen bei Amtsgängen, übernehmen Fahrdienste und machen Ausflüge ins Freibad oder den Tiergarten.

Seit einigen Wochen wird man von den Syrern unter anderem mit den Worten „Wie geht es dir?“ begrüßt. Auch das ist ein Verdienst der Helfergruppe, die einen regelmäßigen Deutschunterricht eingeführt hat. Denn: Derzeit sind die Flüchtlinge nur geduldet, sie haben keinen Rechtsanspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs. Auch arbeiten dürfen sie nicht.

Seit sechs Monaten wartet Khalil auf eine Aufenthaltserlaubnis, den Startschuss für ein neues Leben und schließlich auf ein Wiedersehen mit seiner Familie in einem sicheren Land.

Bis es so weit ist, hat Khalil den deutschen Helfern einen kleinen Vorgeschmack darauf gegeben, wie sich Familie und Freundschaft in Syrien anfühlt. Als Dank haben er und die anderen Bewohner zu einem Essen eingeladen. An einer langen Tafel servierten sie Humus, Hähnchen, Reis und Fladenbrot. Die Menge war üppig, die Gastfreundschaft mehr als herzlich – so, wie sie das aus ihrer Heimat kennen.

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