„Ein Diktator und ein fluchender Philosoph“

25.11.2014, 15:40 Uhr
„Ein Diktator und ein fluchender Philosoph“

© Foto: Harald Hofmann

„Tourette ist ein Clown, ein Kind, ein Freund, ein Diktator und ein fluchender Philosoph.“ So beschreibt Olaf Blumberg das, was der Arzt vor einigen Jahren bei ihm als Tourette-Syndrom diagnostiziert hat. Damals studierte er noch Germanistik und Sport, wollte Lehrer werden. Doch plötzlich veränderte er sich, verlor die Kontrolle über seine Handlung. Er zuckte, er stieß laute Geräusche aus, er schrie obszöne Worte. „Tics“ wird dies genannt.

In den ersten Kapiteln seines Buch „Ficken sag ich nur selten. Mein Leben mit Tourette“, die Blumberg in der von EN-Redakteur Ralf H. Kohlschreiber sensibel moderierten Veranstaltung vorliest, dreht sich alles um das Auftauchen einer Krankheit und den Schwierigkeiten, sich damit irgendwie zu arrangieren. Was gar nicht so einfach ist für einen jungen Menschen, der zu Beginn gar nicht weiß, worunter er leidet. „Ich hatte panische Angst, in die Psychiatrie eingewiesen zu werden.“

Tourette ist vielfältig: „Es geht um mein Tourette. Es ist einzigartig und individuell wie ein Fingerabdruck.“ Nach den ersten Monaten des Rückzugs hat Blumberg längst begonnen, offensiv damit umzugehen. Er war bereits im Fernsehen zu sehen — wobei er seine Auftritte bei Privatsendern bereut — und hat nun ein Buch geschrieben, in dem er leicht und locker über das Thema redet. Auch bei der Lesung lacht er viel, fordert auf, Fragen zu stellen. Seine Strategie — mit der er ganz offensichtlich vielen der Betroffenen im vollen Innenhof des Palais Stutterheim Mut macht — ist, sich nicht zu verstecken. Einfach ist das selten. Wie man dennoch damit im Alltag klarkommt? Blumberg vergleicht Tourette mit dem Tanzen: „Man beginnt krakelig und hölzern, doch dann werden die Schritte immer geschmeidiger.“ Und mit großer Leichtigkeit sorgte er dafür, dass dieser Abend äußerst unterhaltsam, informativ und witzig ausfiel.

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