Ein kleiner Knopf macht große Karriere

14.6.2008, 00:00 Uhr

Kein Fehler, aber Zufall war es, dass sein Vater, der damals 20-jährige Rudolf, in den Dreißigern überhaupt bei der Mode gelandet ist. Als junger Bursche hatte er nämlich bei einem Rechtsanwalt angeheuert und wurde von diesem 1932 nach Nürnberg zur Abwicklung des Konkurses eines Spielwarenladens geschickt, erzählt Sohn Gerhard. Erst dabei kam ihm die Idee, aus dem Laden ein Bekleidungsgeschäft zu machen. Der Startschuss für die Wöhrl-Gruppe mit heute 38 Modehäusern, 2800 Mitarbeitern und einem geplanten Jahresumsatz im Jubiläumsjahr von rund 400 Millionen Euro war gefallen.

Wöhrl, als «Haus der Markenkleidung» heute eine feste Branchengröße, startete verhalten. Am Ende des ersten Tages lag keine einzige Reichsmark in der Kasse, dafür klebte ein Zettel mit «guten Wünschen» an der Tür: Der «kleine Wicht Wöhrl» prophezeite darauf ein Konkurrent, werde kein Jahr überleben.

Es wurden bis heute 75 Jahre, pardon 76. Nachdem der erste Laden im Krieg in Schutt und Asche gelegt worden war, startete Wöhrl nach Kriegsende einfach wieder bei Null. «Im Vordergrund steht immer mein Vater», schränkt Sohn Gerhard ein, «doch eigentlich hat meine Mutter den Laden geschmissen». Ohne sie, ist er überzeugt, hätte Wöhrl den Neustart in Roth nicht geschafft und es gäbe Wöhrl in der heutigen Form nicht. Sein Vater Rudolf sei ein guter Organisator «und der beste Motivator» gewesen. «Er war aber nie der große Modefachmann».

Vielleicht war in der Nachkriegszeit Organisationtalent auch wichtiger. Aus alten Wehrmachts-Uniformen, aus Decken und Zeltplanen ließ Wöhrl Anzüge, Mäntel und Kostüme schneidern. Der Erfolg war so groß, dass er schon 1949 wieder ein Haus in Nürnberg eröffnen konnte.

Und dabei war damals schon der Knopf. Einen Knopf hatte Rudolf Wöhrl als Lehrjunge gefunden und zu seinem Talisman gemacht. Daraus kreierte er später das Markenzeichen der Firma. «Meine Marketingberater würden das Logo gerne gegen ein modernes austauschen», so Gerhard Wöhrl. Doch die Tradition hindert ihn daran. Denn dieses Logo steht für Erfolg: Schon 1952 entstand das zweite Wöhrl-Haus in Erlangen, es folgten Schweinfurt und Regensburg. 1957 baute Wöhrl in Nürnberg ein neues, großes Kaufhaus dort, wo der Firmensitz unweit des Weißen Turms noch heute ist.

Dreizehn Jahre später zog sich Rudolf Wöhrl aus dem Geschäft zurück und übergab es an seine Söhne. Gerhard Wöhrl hält heute 70 Prozent, sein Bruder Hans-Rudolf - der auch durch mehrere Engagements in der Fliegerei auf sich aufmerksam machte - den Rest. Das Verhältnis der Brüder galt lange als nicht sonderlich harmonisch: «Wir haben unterschiedliche Standpunkte. Das ändert nichts daran, dass wir uns als Familie verstehen», beschwichtigt Gerhard Wöhrl. In einem scheinen sich die Brüder einig zu sein: Die Firma soll ein Familienunternehmen bleiben - mit Knopf im Logo und mit Sitz in Nürnberg.

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