Energieautarkes Wilhermsdorf?

20.11.2014, 06:00 Uhr
Energieautarkes Wilhermsdorf?

© Foto: Heinz Wraneschitz

Nein, das Netz zur Außenwelt sollte nicht gekappt werden, meint Tevfik Sezi: „Für den Worst Case brauchen Sie das Netz.“ Wenn Windkraft-, Solar- und Biogaskraftwerke vor Ort Probleme machen, muss die Stromversorgung von außen sichergestellt sein. Sezi, promovierter Ingenieur und seit über 30 Jahren Siemens-Mitarbeiter, kennt sich aus mit „Smart Grids“, also intelligenten Stromnetzen.

Viele Arbeitsplätze

„In vielen Bereichen ist der grüne Strom, den man selbst verbraucht, billiger. Und er bringt viele Arbeitsplätze.“ Deshalb sollte Strom lieber am Dorf erzeugt statt über weite Strecken transportiert werden. „Idealzustand wäre, keinen Strom mehr zu kaufen. Der ganze Ort würde davon profitieren.“

Fraglich ist für ihn hingegen, ob es „Offshore-Windkraft und riesige Stromleitungen“ wirklich braucht. Was im Blick auf die Dienstleistungen seines Arbeitgebers in genau diesen Sektoren schon verwundern muss. Für Sezi sind Kabel gar „eine Vernichtung des Volksvermögens“.

Wenn ausgerechnet ein Energieforscher wie Tevfik Sezi erklärt, „in Deutschland forscht man an Dingen, die zu weit in die Zukunft weisen und oft gar nicht nötig sind“, erntet er natürlich viel Bewunderung im Publikum. Stattdessen plädiert er für eine „Minimierung des Strombezugs von außen“ und fordert kleine Stromspeicher. Sie könnten ein zentrales Problem lösen, indem sie bei viel Wind oder Sonne überschüssigen Strom für Flauten und Nächte aufnehmen. Der Fachmann kenne für solch einfache Lösungen bereits genügend Systeme.

Fritz Ruf, FW-Chef im Ort und Dritter Bürgermeister, würde hier gerne die Gemeindewerke in die Pflicht nehmen, denn „das Stromnetz gehört großteils der Gemeinde. Mein Gedanke: Wer Strom erzeugt, verkauft ihn heute ins Netz. Doch eigentlich könnten ihn die Gemeindewerke kaufen. Der Erzeuger würde mehr Geld bekommen, weil die Netzkosten wegfielen. Der Verbraucher andererseits hätte einen festen Preis“, so Rufs Visionen für Regionalstrom. Doch noch gibt es Probleme, die wiederum Tevfik Sezi anführt: „Es wird viel zu viel in der Technik geforscht, aber zu wenig über die kaufmännischen Rahmenbedingungen.“ Und er benennt im Energiespiel als „große Unbekannte den Staat, der inzwischen sogar bei der Eigenerzeugung von Strom einen Obolus verlangt“. Diese Entscheidung habe der SPD-Bundesenergieminister Sigmar Gabriel bei der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes EEG in diesem Frühjahr gefällt.

Mit der Bundesregierung geht Netzexperte Sezi heftig ins Gericht und verurteilt deren Hau-Ruck-Energiepolitik: „Ich brauche hier mindestens eine zehn- bis 15-jährige Stabilität.“ Doch auch die Staatsregierung und ihre restriktive Windkraftpolitik kommt bei ihm nicht gut weg: „Die Regierungen müssten logischerweise Regenerativ-Energien fördern, statt voll auf Gas zu setzen und sich von Putin abhängig zu machen. Aber ganz ohne ein gewisses unternehmerisches Risiko geht es nicht.“

In Wilhermsdorf machbar

So fordert er die Bürger weiterhin zu Investitionen in die Ökostromproduktion auf. Als Beispiel nennt er Wildpoldsried im Allgäu, wo ausgerechnet ein CSU-Bürgermeister den Ort erfolgreich in die Stromunabhängigkeit führte. Das müsste auch in Wilhermsdorf machbar sein, meint Sezi und fordert, so ein Projekt anzugehen: „Mehr als ablehnen kann man es ja nicht.“

Das greift Fritz Ruf „als Denkanstoß“ auf: „Wenn die Gemeinde 8000 Euro für ein Gutachten für das Hallenbad-Dach ausgibt, dann kann sie das auch für eine Energieversorgung ausgeben. Wir müssen darin herausarbeiten, dass jeder etwas davon hat.“ Die FW-Fraktion will ein solches Gutachten nun im Gemeinderat beantragen.

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