Erfahrungen mit Umgehungsstraßen im Landkreis

6.2.2016, 14:00 Uhr
Erfahrungen mit Umgehungsstraßen im Landkreis

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Die jüngste Umgehungsstraße im Landkreis ist die bei Ammerndorf. Seit August 2012 läuft der Verkehr von Ost nach West an der Marktgemeinde vorbei. „Das ist schön . . .“, sagt Bürgermeister Alexander Fritz und lässt gleich ein „aber“ anklingen. Denn es gibt auch die Pendler, die von Nord nach Süd und umgekehrt wollen. Wer im Landkreis Ansbach wohnt und im Raum Herzogenaurach, Erlangen oder Forchheim arbeitet, der fährt zumeist weiter die Route Ammerndorf, Cadolzburg und dann Richtung Süden. „Früh und abends hat sich bei uns wenig verändert“, bedauert der Bürgermeister.Eine Zählung im Sommer 2015 ergab an der Südabzweigung Cadolzburger Straße 8500 Fahrzeuge.

Fritz gesteht, dass er hofft, die Cadolzburger sagen Nein zu ihrer Umgehung. Denn sollte die neue Straße kommen, befürchtet er, wird das Verkehrsaufkommen in seiner Gemeinde weiter steigen, weil dann die Fahrt für die Pendler, von Ampeln ungebremst, flotter wäre.

Er weiß aber auch, dass Ammerndorf sich selbst anstrengen muss, um zur Verkehrsberuhigung innerorts beizutragen. Ein Test läuft aktuell auf der Alten Rothenburger Straße, die nach der Umgehungseinweihung zur innerörtlichen Straße herabgestuft wurde. Tempo 30, eine durchgehende Rechts-vor-links-Regelung und Fahrbahnverengungen durch zusätzliche Parkplätze sollen es den Autofahrern vermiesen, durch Ammerndorf abzukürzen. Doch: „Wenn ein Blitzer da steht, ist echt was los“, erzählt Fritz, denn es hält sich nämlich kaum jemand an die geltenden Regeln. Der Schreck über das Knöllchen halte meist nicht lange an.

Eigentlich, das weiß der Bürgermeister genau, kommt man ohne kompletten Umbau des Zentrums nicht weiter. Doch allein der Sanierungsabschnitt Alte Rothenburger Straße würde rund zwei Millionen Euro teuer, der Marktplatz ist dabei nicht eingerechnet. Dabei sollte auch gleich die Kanalsanierung angepackt werden. Alles zusammengenommen ist das ein heikles Thema, denn für die Kosten müssten zum großen Teil die Anlieger aufkommen. Kein Wunder also, dass der Bürgermeister sagt: „Wir haben derzeit andere Prioritäten.“

*„Ein Segen für den Ort“, so beschreibt Wolfgang Bernreuther, zweiter Bürgermeister von Wilhermsdorf, die Umgehung. Durch die teils engen Häuserzeilen des Zentrums quälten sich bis 2002 bis zu 10 000 Fahrzeuge pro Tag (zum Vergleich in Cadolzburg sind es 19 000). Belastend für die Anwohner waren insbesondere die vielen Lastwagen des Getränkeproduzenten Frankenbrunnen, die durch die Marktgemeinde mussten. Mit Lärm, Abgasen und Staub lebten die Bürger notgedrungen, erinnert sich Bernreuther.

Heute fahren werktags 12 600 Fahrzeuge an Wilhermsdorf vorbei. Dass dies den Geschäften im Zentrum geschadet habe, glaubt Bernreuther nicht. Pendler nutzten immer noch die Einkaufsmöglichkeiten, hat er beobachtet. Die Leerstände im Zentrum hätten vielerlei Gründe: keine Nachfolger für Alteingesessene oder die Konkurrenz durch den zunehmenden Online-Handel. Die Umgehung sieht er nicht als Ursache.

*Bis 1998 floss der Verkehr von und in den Landkreis Ansbach mitten durch Großhabersdorf. Der heutige Bürgermeister Friedrich Biegel war ursprünglich ein Gegner des Vorhabens, denn er führte im Ort ein Schuhgeschäft. „Die Umgehung ist der Tod der Ansbacher Straße“, zitiert er ein Argument von damals. Das habe sich nicht bewahrheitet. Zwar mussten Läden schließen, doch das habe viele Gründe gehabt. „Ich möchte mir das heute nicht mehr vorstellen, das Verkehrsaufkommen im Ort“, sagt Biegel, er habe sich eines Besseren belehren lassen müssen.

Für Wolfgang Lang, Inhaber des Gasthauses zum Roten Ross, gehört das zu seinen Kindheitserinnerungen: „Ich war gewohnt, dass auf der Straße immer Gwerch war.“ In der Gastwirtschaft seiner Eltern, die er mittlerweile führt, war das Mittagsgeschäft stets ein Selbstläufer. Vorbeifahrende machten im Roten Ross ihre Pause. „Heutzutage ist es unberechenbarer, wann die Gäste kommen“, stellt Lang fest. Dass jedoch Geschäfte im Ort wegen der Umgehung und der folgenden mangelnden Kundenfrequenz aufgegeben haben, will er nicht behaupten, dafür gebe es vielerlei Ursachen.

Und noch eine Umgehung ist im Raum Großhabersdorf im Gespräch: Vicenzenbronn. Das Straßenbauprojekt, das frühestens 2019 beginnen wird, ist umstritten, aber vermutlich nicht aufzuhalten. Biegel, der zu den Befürwortern gehört, findet es positiv, dass der neue Straßenverlauf das Dorf nicht länger teilen würde. Den Eingriff in die Landschaft hält er für verträglich, denn es soll die alte Bibertbahntrasse dafür genutzt werden.

*Zu den ältesten Straßenbauprojekten im Landkreis zählt die Umgehung von Wintersdorf, die aus dem Jahr 1998 stammt. Allein die Planung dafür, weiß der heutige Bürgermeister Thomas Zwingel, dauerte 25 Jahre. Sie wurde herbeigesehnt, denn das Überqueren der Ansbacher Straße mit ihren täglich 15 000 Fahrzeugen galt als „abenteuerlich“, erinnert sich Zwingel. Er kann bis heute dem Bau nur positive Aspekte abgewinnen.

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