Brauer werfen sich für den Zoigl ins Zeug

3.5.2014, 16:00 Uhr
Nur echt mit dem Stern: Privaten Charakter haben die Zoigl-Stuben der Kommunbrauer in der nördlichen Oberpfalz.

© oh Nur echt mit dem Stern: Privaten Charakter haben die Zoigl-Stuben der Kommunbrauer in der nördlichen Oberpfalz.

Was haben Neuhaus und Neuhaus gemeinsam? Hier wie dort, in der mittelfränkischen Marktgemeinde an der Pegnitz und im gleichnamigen Ortsteil von Windischeschenbach (Kreis Neustadt an der Waldnaab), hat das Kommunbrauwesen überlebt.

Während in Neuhaus/Nürnberger Land nur noch wenige Bürger ihr Braurecht ausüben, halten in der gesamten nördlichen Oberpfalz zahlreiche Zoigl-Brauer an der fast 600-jährigen Tradition fest.

Ihr Labetrunk ist das Produkt einer bürgerlichen Brauer-Gemeinschaft. Eingesotten im örtlichen Brauhaus der Bürgervereinigung, erhält das Bier anschließend im privaten Zoigl-Keller die letzte Reife (siehe Extra-Bericht unten). Weich und würzig perlt es dann beim Oppl in Mitterteich oder beim Roud’n in Windischeschenbach aus dem Zapfhahn.

Auch die anderen Zoigl-Stuben tragen meist Hausnamen, etwa „Zum Posterer“ oder „Fiedlschneider“. Wegen der vitaminreichen Schwebstoffe muss das unpasteurisierte Bier zeitnah getrunken werden, wobei die Halbe meist für erschwingliche 1,70 Euro über den Tresen geht. Für die Wirte ist der reihum geregelte Ausschank ein Nebenjob. Zur Orientierung, welches Bürgerhaus sich gerade in ein Wirtshaus auf Zeit verwandelt hat, dient der Zoigl-Kalender.

Altes Zunftzeichen

Und der Zoigl-Stern. Der hölzerne Sechszack, der dem jüdischen Davidstern ähnelt, ist das alte Zunftzeichen der Biersieder. Wenn es an der Stange am Giebel oder über der Haustür baumelt, hat der Kommunbrauer geöffnet. Dann gibt es auch deftige Brotzeiten wie Tellersülze, Geräuchertes und Kesselfleisch, zu volkstümlichen Preisen ab 3,80 Euro. Dazu serviert beispielsweise der Binner in Windischeschenbach allerlei Schnäpse aus der hauseigenen Brennerei.

Vor dem Zoigl sind alle gleich. Die Kommune „steht für einen entspannten Abend im Kreis von netten Leuten ohne Standesdünkel“, sagt Reinhard Fütterer vom Schafferhof in Neuhaus. Reservierung oder Sitzordnung sind unbekannt. Man rückt zusammen und ist per Du. Hier sitzt der Firmenchef neben dem Arbeiter, der Auswärtige neben dem Einheimischen, Jung neben Alt. So viel Geselligkeit ist woanders rar, so viel Soziotop selten. „Wir sind deswegen immer ein wenig belächelt worden“, sagt Fütterer.

Der Blickwinkel der Herablassung hat sich geändert, seit die Zoigl-Welle rollt und der Laden brummt. Der Zoigl hat sich vom Altmännerbier zum Kultgetränk gewandelt — und zum Politikum. 20 Kommunbrauer aus fünf Ortschaften haben sich unlängst unter dem Etikett des Zoigl-Sterns zusammengeschlossen, um für die reine Lehre zu kämpfen. Denn, so Fütterer: „Es sind zu viele Trittbrettfahrer unterwegs“.

Der Trend hat sich in den vergangenen Jahren eher noch verstärkt: Hemmungslos werden „Zoigl-Bier“ und „Zoigl-Stuben“ kopiert, nicht nur in der nördlichen Oberpfalz. Während selbst größere Brauereien vom Boom profitieren wollen, fürchten die Kommunbrauer den Ausverkauf ihrer Tradition, die beispielsweise in Neuhaus bis ins Jahr 1415 zurückreicht. Der Zoigl ist ein Stück Heimat, Schluck für Schluck, aber „halt kein geschützter Name“, wie nicht nur Fütterer bedauert. Und eben nicht zu verwechseln mit dem frech imitierten Plembel aus industriellen Bierfabriken.

Vom Lager zum Zapfhahn

Der echte Zoigl muss nach althergebrachter Weise im Kommunbrauhaus hergestellt und direkt aus dem Lagertank in einer Gaststube am Ort der Sudstätte ausgeschenkt werden. Geographisch sei der Markenname auf die Oberpfalz festzuschreiben, fordert die Zoigl-Schutzgemeinschaft, deren Vorsitzender Reinhard Fütterer ist.

Doch sowohl vor dem Deutschen Patent- und Markenamt als auch vor dem Bundespatentgericht, ebenfalls mit Sitz in München, sind die wackeren Kommunbrauer erst einmal abgeblitzt.

Den Zoigl als geschützte geographische Angabe wird es (vorerst) nicht geben. Zu übermächtig waren die Verfahrensgegner in München: Bayerischer Brauerbund, Verband der Privatbrauereien, acht teils größere Brauereien...

Emotion in Flaschen?

Norbert Neugirg ist Zoigl-Fan und Chef der legendären Altneihauser Feierwehrkapell’n, die ihren Stammsitz beim Schafferhof in Neuhaus hat. Und Neugirg ist zornig. „Wenn die könnten, würden sie die Kommunbrauer alle platt machen. Es wird doch nur abgekupfert, um Geschäfte zu machen“. Zoigl — das ist für ihn: „Emotion. Und die kann man nicht in Flaschen abfüllen und 600 Kilometer durch die Republik karren“.

Doch für die Zoigl-Brauer ist Hopfen und Malz noch nicht verloren. Weshalb soll es das EU-Herkunfts- und Gütesiegel nur für Aischgründer Karpfen, Nürnberger Bratwürste und andere regionale Produkte geben?

Notfalls wollen die Brauer aus Eslarn, Mitterteich und Windischeschenbach mit ihrer Forderung vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Die Entscheidung dazu steht noch aus. Fütterer: „Wir trinken noch zwei, drei Halbe, dann sehen wir weiter“.

Informationen im Internet unter www.echte-kommunbrauer.de

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